JACINTA NANDI ÜBER DIE GUTE AUSLÄNDERIN WENN ZWEI FREUNDINNEN SICH ÜBER DEUTSCHE FRAUEN UNTERHALTEN , FÄLLT FRÜHER ODER SPÄTER DAS WORT „PFERDEDIEBSTAHLBEREIT“ : Ich, Deutschlands Schminkversteherin
Mittwoch Matthias Lohre Konservativ
Donnerstag Margarete Stokowski Luft und Liebe
Freitag Jürn Kruse Fernsehen
Montag Maik Söhler Darum
DienstagDeniz Yücel Besser
Ich habe eine türkische Freundin, die ausgebildete Make-up-Künstlerin ist und wirklich viel Schminke trägt. Blaue Augenschatten, schwarze Eyeliner, rosarote Wangen, knallroter Lippenstift. Jeden Tag schminkt sie sich so, wenn sie zum Zeitungskiosk oder Späti will, sie schminkt sich sogar so am Wochenende, wenn sie für den Ehemann kocht.
„Ich verstehe nicht, was mit den deutschen Frauen los ist“, sagt sie mir. „Sie schminken sich überhaupt gar nicht.“
„Sie schminken sich doch“, verteidige ich. „Sie tragen ganz oft Eyeliner oder Maskara. Fast alle meine deutsche Freundinnen tragen Eyeliner. Sie mögen nur nicht Lippenstift und so.“
„Aber es wäre viel besser, wenn sie sich schminken würden! Sie brauchen Farbe! Manchmal sitze ich in der U-Bahn, ich sehe die bleichen Gesichter – und ich denke, ich würde gern eine Intervention machen, ey!“
Diese Freundin von mir ist zwar in Deutschland geboren, aber hat nicht so viele deutsche Freunde wie ich. Also nicht so viele deutsch-deutsche Freunde. Ich habe eigentlich total viele deutsch-deutsche Freunde. Im Vergleich zu ihr bin ich eine Deutschland-Versteherin.
„Deutsche Männer stehen nicht auf geschminkte Frauen!“, sage ich ihr. Ihr bunt angemaltes Gesicht fällt ein bisschen runter.
„Was“, sagt sie.
„Nee“, sage ich. „Britische Männer mögen kleine Blondinen mit dicken Titten und rundem Arsch, viel Schminke und freundlichem Lächeln. Aber deutsche Männer mögen dünne, lange, stille Blondinen, blass und dünn, ohne Titten, ohne Hüfte, ohne Schminke – nur ein bisschen Eyeliner vielleicht. So eine natürliche Schönheit. Jemand, der in der Nähe von einem Fluss lebt. Oder von einem See, das geht wahrscheinlich auch. Das hat alles wahrscheinlich irgendwas mit Goethe zu tun. Aber ich weiß nicht, was, ich habe ihn nie gelesen.“
Die Türkin guckt traurig. „Ohne Titten?“, flüstert sie. Ich erinnere mich an einmal, als wir über die NSU-Morde sprachen und sie sagte, dass sie insgeheim dachte, dass es den meisten Deutschen völlig egal sei, dass die Polizei geschlafen hatte. Viel trauriger sah sie dabei nicht aus.
„Kennst du Samantha Fox?“, frage ich.
„Die Pop-Sängerin?“
„Und du weißt, wie die Deutschen immer gerne nackt in dem Schwimmbad schwimmen wollen?“
„Ja.“
„Also, wenn ein deutscher Mann Samantha Fox sehen würde, im FKK-Schwimmbad, würde er sagen: ‚Oh, diese Frau ist dick!‘ Okay, vielleicht nicht dick. Er würde sagen: ‚Diese Frau ist mollig oder üppig! Und billig! Sie hat so viele Schminke an!“ Dann wird er mit einer dünnen, blassen, deutschen Frau wegrennen und sie werden sich verlieben und sie werden – weißt du, was sie machen werden? Sie werden Pferde stehlen. Deutsche Männer stehen auf Frauen, die aussehen, als ob sie bereit wären, einen Bauernhof auszurauben. Pferdediebstahlbereit. Und die deutschen Frauen wissen das!“
„Ich hoffe, dass Samantha Fox nie ins FKK-Schwimmbad in Deutschland geht.“
„Ach“, sage ich. „Sie ist sowieso Lesbe geworden. Der kann das alles egal sein.“