Ivica Olic stürmt für Kroatien: Nur der Tod bringt ihn zum Stillstand
Der kroatische Stürmer Ivica Olic ist einer der effektivsten Stürmer der EM. Bereits jetzt hat er sich auf die Wunschliste europäischer Topteams gearbeitet.
BAD TATZMANNSDORF taz Zwei Dinge scheinen garantiert, bittet die kroatische Nationalmannschaft im Burgenland zum öffentlichen Training. Zum einen nervender Dauerregen, zum anderen rege Unterhaltung - da machte auch die neuerliche Einheit im Stadion der Stadtgemeinde Oberwart keine Ausnahme. Anderthalb Stunden harrten die Landsleute unter dem Tribünendach aus, um das Ende eines umkämpften Trainingsspielchen zu begutachten. Die Reservisten, die gegen Polen geglänzt hatten, standen unter der Dusche; die Stammspieler, die heute im Wiener Ernst-Happel-Stadion gegen die Türkei das erste Viertelfinale des Turniers bestreiten (20.45 Uhr, ARD) ließen sich nass regnen und doch nichts von Ernsthaftigkeit vermissen.
Es genügt Trainer Slaven Bilic meist, Robert Kovac, 34, und Niko Kovac, 36, zu trennen, um einen Kick fünf gegen fünf anzuheizen - verbale Scharmützel sind dann so sicher wie der nächste Schauer. Die Nervensäge, wie sollte es anders sein, spielte wieder einmal Ivica Olic. Er lief von rechts nach links, von vorne nach hinten, er stocherte hier, er setzte dort nach. Man spürt allenthalben den Willen der erneuerten kroatischen Nationalelf. Und es herrscht Selbstvertrauen: Es ist bereits ein detaillierter Ablaufplan veröffentlicht und verschickt, der alle Trainings- und Pressetermine bis zum 23. Juni regelt. Das würde bedeuten, dass die Türken nur eine Zwischenstation sind. "Mein Team hat Lust auf weitere große Taten. Die Türken sind verletzbar", erklärte Bilic bei der Pressekonferenz. "Jetzt kommt die Kopfphase", ergänzte Olic. Danach stand das ganze Zelt auf, um eines in Klagenfurt an einem Herzinfarkt verstorbenen Landsmanns zu gedenken. Wenigstens in diesem Moment blieb auch der Stürmer des Hamburger SV einmal stehen.
Ansonsten ist der aus dem Dorf Davor stammende Profi bei dieser EM so viel unterwegs wie kaum eine andere Offensivkraft: In der Partie gegen Deutschland hatte er nach 72 Minuten schon 8.657 Meter zurückgelegt, dann holte ihn der Trainer vom Feld. Gegen Österreich waren es bis einer Auswechslung exakt 9.659 Meter. Das schafft manch deutscher Akteur in 90 Minuten nicht. Die Fleißarbeit ist es auch, weshalb der nimmermüde Kämpfer so viel Wertschätzung bei HSV-Trainer Huub Stevens genoss. Zuletzt traf der 1,81-Meter-Mann auch immer öfter. Aus 46 Pflichtspielen für den Hamburger SV sind 18 Tore verzeichnet, er hat gegen Österreich einen Elfmeter herausgeholt und gegen Deutschland getroffen.
Kein Kroate redet mehr über den verletzten Torjäger Eduardo, denn im offiziellen Uefa-Ranking der effektivsten Stürmer des Turniers steht Olic an dritter Stelle. Das ist beachtlich für einen, der im Januar 2007 nach seinem Wechsel von ZSKA Moskau anfänglich als unfertiger Dauerläufer verspottet worden war. Wie schnell sich die Zeiten ändern: Olic, dessen Vertrag nur noch bis 2009 läuft, weil sich die Hamburger Vereinsführung vor kurzem nicht dazu durchringen konnte, den Kontrakt auszudehnen, steht plötzlich auf der Wunschliste großer Klubs. Scouts des FC Liverpool und von Manchester City haben ihn beobachtet und bei Berater Gordon Stipic angefragt.
HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer ist bereits nach dem Deutschland-Spiel nach Villach gekommen, um sich mit Stipic und Olic zu treffen. Offensiv und defensiv arbeitende Angreifer, die nach rechts und links ausweichen und ausdauernd sind, gelten als besonders gefragt für Topteams, die bevorzugt im System mit einer Spitze und zwei Halbstürmern agieren. "Ivica kann in jeder großen Mannschaft spielen", findet Bilic.
Olic selbst blockt Nachfragen zu seiner Zukunft (noch) ab. Was für Deutschland spricht: Seine deutsche Ehefrau Natalie, die er 1999 beim missglückten Abstecher zu Hertha BSC kennenlernte ("Mein beste Erinnerung an Berlin"), möchte nicht weg aus Hamburg, allein wegen der zwei Söhne Antonio und Luca.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Syrischer Ex-Diktator im Exil
Assads armseliger Abgang