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Italiens Regierung "not amused"Gaddafi will mit Berlusconi tauschen

Libyens Diktator empfiehlt Italienern Demokratie ohne Parteien. Und sieht keinen Unterschied zwischen den Al-Qaida-Anschlägen und den US-Raketenangriffen auf Libyen 1986.

Italiens Regierung hält dem Diktator den Rücken frei - der nutzt seine Freiheiten weidlich. Bild: reuters

ROM taz | Je länger der am Mittwoch begonnene Staatsbesuch Muammar al-Gaddafis in Rom dauert, desto mehr Verlegenheit macht sich unter Italiens Politikern breit. Libyens Revolutionsführer nutzt konsequent jeden seiner zahlreichen Auftritte, um seine recht unorthodoxen Auffassungen über Demokratie und die Weltlage zu propagieren.

Als Mann "von tiefer Weisheit" hatte Berlusconi Gaddafi gleich zum Auftakt gelobt. Eine erste Probe seiner Weisheit gab der libysche Staatschef dann vor Italiens Senatoren. Ihnen sagte er, dass die USA mit ihrem Raketenangriff auf Gaddafis Zelt im Jahr 1986 sich vom Vorgehen al-Qaidas in keiner Weise unterschieden hätten. Natürlich verurteile er Terrorismus, setzte Gaddafi nach, aber dessen Gründe seien nun mal im Nachwirken der Kolonialzeit zu suchen. Italiens Außenminister Franco Frattini ließ später in einer Erklärung wissen, er sei "nicht einverstanden" mit diesen Ansichten.

Am Nachmittag dann sprach Gaddafi in der römischen Universität. Das Publikum war handverlesen, ein ganzes Polizeibataillon hatte sich in Anzüge anziehen müssen, um im Saal akademischen Nachwuchs zu spielen. Die verkleideten Polizisten erfuhren, dass Demokratie nur bei Abschaffung der Parteien und freier Wahlen denkbar ist. Einer kritischen Studentin, die Fragen zur Flüchtlingspolitik Italiens und Libyens stellen wollte, wurde umgehend das Mikrofon abgedreht.

So hält Italiens Regierung dem Diktator den Rücken frei - und der nutzt seine Freiheiten weidlich. Am Abend war es an Roms Bürgermeister Gianni Alemanno, auf Distanz zum libyschen Gast zu gehen. Gaddafi legte den Italienern auf Roms Kapitolsplatz erneut nahe, nach libyschem Vorbild Italiens Demokratie parteienfrei zu gestalten, und bot Berlusconi an, die beiden könnten ja ihre Ämter tauschen: Berlusconi als Raïs in Tripolis, Gaddafi als Revolutionsführer in Rom.

An seinem letzten offiziellen Besuchstag am Freitag in Italien traf der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafis außerdem mit 1.000 Frauen zusammen. Die Zusammenkunft war von der italienischen Gleichstellungsministerin Mara Carfagna angeregt worden, berichteten italienische Medien. Auf dem Programm stand unter anderem eine rund vierzigminütige Rede Gaddafis über die Stellung der Frau in Afrika.

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13 Kommentare

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  • US
    Un Sinn

    So sieht also ein ganz weiser Mann aus, interessant...

    ...ich dachte schon er hätte einen Joint geraucht...

    aber vielleicht hat er ja, und Silvio gleich mit...

     

    Das Bild letztens in der Tagesschau, oder so, es passte perfekt, die Weisheit in Person, getarnt als dümmliche, verraucht- übernächtigte Farce mit Namen Gaddafi. Man muß schon mindestens soviel Intelligenz wie Silivo aus Italien haben, um hinter die Fassade schauen zu können.

  • J
    Jesus

    ach ja, in einem hatte gaddafi allerdings recht,

    die usa sind der größere verbrecher als al kaida, die eh von der cia aufgebaut wurden um die russen in afgahnistan zu ärgern.

  • G
    Gerti

    Gaddafi gehört vor Gericht für die Anzettelung der Kriege der 90er Jahre in Westafrika, für seine Unterstützung des Terrorismus im Tschad und Sudan, CAR und anderswo.

  • UR
    Udo Radert

    "Gaddafi will mit Berlusconi tauschen"

     

    Das wirklich peinliche an dieser Sache ist, dass es sich tatsächlich lohnt ernsthaft darüber nachzudenken, ob Italien bei einem solchen Tausch wirklich mehr verlieren als gewinnen würde... ;-)

  • H
    hihihi

    Bin ich der einzige der denkt, dass Gaddafi aussieht wie Helge Schneider?

  • CS
    Carsten Schmidt

    Lächerlich und erschreckend;

    manchmal wäre es sogar dennoch zum

    Lachen, wenn Gaddafi alias Borat dahinterstecken würde. Aber das tut es leider nicht.

  • A
    adnan

    Der Qazafi & Berloskoni passen gut zu einander, aber es fehlt noch Schäuble,Öttinger & Andere. Es ist beschämend für EU, Tyranen als Helden & Freunde zu Bezeischnen..

    Aber es ist kein wunder.

  • KS
    Klaus Stiefel

    Natuerlich habe ich keine Sympatien fuer Gadaffi.

     

    Aber, in dem Artikel kommt das so rueber, als ob es ganz absurd waere, die US Raketenangriffe auf Libyen mit Terroraktionen gleichzusetzen. Warum ist das so, da fehlt die Erklaerung? Ist es denn ok Menschen in die Luft zu sprengen wenn man Stars&Stripes auf die Bomben klebt?

  • JO
    Jürgen Orlok

    Zwei Punkte nur:

    Zitat:" ... sagte er, dass die USA mit ihrem Raketenangriff auf Gaddafis Zelt im Jahr 1986 sich vom Vorgehen al-Qaidas in keiner Weise unterschieden hätten."

     

    Hier hat er doch wohl zweifelsfrei recht!

    Es gab keinen Kriegszustand, es gab auch keinerlei Beweise - wozu auch, da im demokratischen Rechtsstaat ja der Mord an Verdächtigen zum GrundKanon gehört ( heute Afganistan).

    Nur wo sind die demokratischen Nationen, die entsprechend amerikanische Präsidenten -Kriegsverbrecher in Vietnam, Laos, Kambodscha,..Irak,.Afganistan,.... (alles schon verdeckt vom Schleier des Wohlstandes) - angingen?

     

    Zitat:"So hält Italiens Regierung dem Diktator den Rücken frei"

    Bush, Obama und Co müssen ja ganze Städte freigehalten werden !!!!

    Wenn wir selbst, unsere demokratischen Verbündeten, Brüder/Schwestern im Geiste, auch nur ein wenig dem Diktator Gaddafi ähnlich wären, wäre die Welt zumindest ein wenig friedlicher und gerechter, oder habe ich eine lange Liste von lybischen Kriegsverbrechen und ähnlichen Greueltaten übersehen ?

    Ab und an mal nachdenken, ob Begriffe sich überhaupt noch mit unseren aktuellen Inhalten decken ist sehr sehr notwendig, wenn auch ein wenig schmerzhaft.

  • V
    vic

    Berlusconi und Gaddafi tauschen ihre Wirkungsstätte?

    Ich habe eine bessere Idee: Beide verpissen sich.

  • A
    Anon

    Mein Held :D

  • TD
    Tyler Durden

    Gaddafi sieht keinen Unterschied zwischen al Qaidas Angrifff auf das WTC und den amerikanischen Bomben auf Tripolis? Einige von uns aber schon...

     

    Wenn sie sich die Liste der Firmen mal anschauen, die Büros in den WTC unterhielten, werden sie die Namen der Firmen finden, die ein Land nach dem anderen seit Jahzehnten durch ihre "Geschäftstätigkeit" von einer Katastrophe in die nächste stürzt.

     

    Unsere amerikanischen Freunde hingegen haben damals eine.... Aspirin-Fabrik zerstört??????

     

    Toll! MfG,

    Tyler Durden

  • EO
    erika oczipka

    Hallo, Herr Braun,

    das Foto hätte schon gereicht, auch wenn es von "Reuters" ist und nicht von der taz.

    Aber: was haben Gaddafi und Berlusconi gemein?

    Sie sehen beide so aus, als wären sie jederzeit im Aufbruch zu einer kölschen Karnevalssitzung.

    Mit Gruß aus der Hochburg

    Erika Oczipka