Italienischer Zoll findet Waffen: Mittelstreckenraketen unter Obst
Der italienische Zoll hat in Bari in einem Lkw aus Griechenland Raketen entdeckt - unter Obstkisten versteckt auf dem Weg nach Hamburg. "Völlig normal", hieß es aus Athen.
ROM taz Zwei Raketen, notdürftig versteckt unter Orangenkisten auf einem deutschen Lkw, der im süditalienischen Bari von der aus Patras kommenden griechischen Fähre "Superfast 5" rollte: Groß war am Dienstag Vormittag die Aufregung, als der italienische Zoll die brisante Entdeckung gemacht hatte. "Raketen aus osteuropäischer Produktion", mal Boden-Luft-, mal Boden-Boden-, kündigten die ersten Meldungen an. Das klang schwer nach internationaler Waffenschieberei, nach Schurkenstaaten und Terrornetzwerken.
Schon am Dienstagabend kam die Entwarnung. "Völlig normal", hieß es aus dem griechischen Verteidigungsministerium zu dem Mischobsttransport. In der Zwischenzeit hatten sich Polizei, Carabinieri und Experten der italienischen Luftwaffe die als Beiladung mitgeschickten Geschosse angesehen und als Raketen vom Typ Aim 120-Amraam identifiziert. Als Allwetterwaffe mit bis zu 32 Kilometer Reichweite wird die auch im Kosovo zum Einsatz gekommene Mittelstrecken-Luft-Luft-Rakete aus US-Produktion gelobt, deren zwei Exemplare nach Deutschland kutschiert werden sollten, wie die zwei deutschen Fahrer den italienischen Behörden mitteilten.
"Völlig ungefährlich", kam die zweite Entwarnung hinterher. Die 3,60 langen Geschosse seien ohne Sprengkopf auf Reisen gewesen; die elektronischen Komponenten waren separat in sieben Kisten verpackt. Ganz so normal fanden die italienischen Behörden den Transport nicht. Sie beschlagnahmten die Fracht ebenso wie den Lkw. Die Fahrer sagten aus, sie seien von einer griechischen Militärbasis in Richtung Hamburg unterwegs gewesen, wo die Raketen zu Wartungsarbeiten erwartet würden. Und sie konnten vollständige Begleitpapiere aus Griechenland vorweisen, die für "völlig in Ordnung" befunden wurden. Auch die Firma in Hamburg soll nach Agenturberichten den Ermittlern in Bari versichert haben, sie habe die Raketen erwartet.
Ganz abgeschlossen ist die Geschichte damit nicht. Transporte mit militärischem Gerät müssen auch dem Transitland angezeigt werden. Dennoch, so erfährt man jetzt, reisen Kriegswaffen immer mal wieder unter Obstkisten oder sonstigem zivilem Gut. Das ist billiger, weil die eigentlich nötigen bürokratischen Prozeduren und die Organisation eines Spezialtransports entfallen.
Bisher ist immer alles glattgegangen - wenigstens in Bari. Dort teilten die Behörden mit, es habe sich um den ersten Fund dieser Art gehandelt, man könne aber nicht vorausgegangene, geglückte Raketenfuhren ausschließen. Jetzt müssen die beiden deutschen Fahrer mit einer Anzeige rechnen - wegen illegalen Transports von Kriegswaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen