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Italienische SchuldenkriseBerlusconi will keine Tipps von Merkel

1,9 Billionen Euro Schulden - für Berlusconi kein Problem. Der italienische Ministerpräsident redet die eigenen Banken stark und verbittet sich Forderungen aus Berlin und Paris.

Ungewohnt: Silvio Berlusconi hält sich den Mund zu. Bild: dapd

ROM dapd/rtr | Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat sich gegen Ratschläge aus Berlin und Paris verwahrt, mit entschlossenen Maßnahmen Wirtschaftswachstum herbeizuführen. Italien habe keine Lektionen nötig, das italienische Bankensystem sei so stark, dass sich niemand um die drittgrößte Volkswirtschaft Europas Sorgen machen müsse, sagte er in einer am Montag zu einer Krisensitzung seines Kabinetts veröffentlichten Erklärung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten am Wochenende ernste Warnungen an Italien gerichtet, das 1,9 Billionen Euro Schulden hat. In italienischen Medien wurde das als Erniedrigung für den 75-Jährigen gewertet. Berlusconi antwortete, "niemand kann sich selbst zum Kommissar ernennen und im Namen gewählter Regierungen sprechen". "Italien werde sein Defizit verringern, versicherte Berlusconi und sagte Merkel "loyale Zusammenarbeit" zu. Die italienischen Parteien forderte er auf, zum Wohle des Landes zusammenzuarbeiten.

Mit der Einberufung der Krisensitzung seines Kabinetts hat sich Berlusconi dem Druck aus Berlin und Paris gebeugt. Angesichts der europäischen Schuldenkrise wollte Berlusconi gemeinsam mit seinen Ministern über Maßnahmen zur Ankurbelung des italienischen Wirtschaftswachstums beraten. Die EU hatte Italien auf dem Brüsseler Gipfel am Wochenende aufgefordert, bis Mittwoch entsprechende Pläne vorzulegen. Die Sitzung am Montagabend ging aber nach über zwei Stunden ohne Bekanntgabe von Ergebnissen zu Ende.

Die 17-Eurozonen-Länder haben bereits drei ihrer Mitglieder - Griechenland, Irland und Portugal - mit Rettungsschirmen unterstützt. Italien als drittgrößte Wirtschaft der Eurozone wäre dafür nach allgemeiner Einschätzung zu groß. Insbesondere Deutschland und Frankreich hatten die drittgrößte Wirtschaftsnation der Euro-Zone gedrängt, konkrete Maßnahmen zu präsentieren. Das Paket müsse vor allem eine Reform des Arbeitsmarktes und des ineffizienten Justizsystems beinhalten, hieß es. "Die Erwartungen sind hoch. Es ist jetzt Sache der italienischen Behörden, diese auch zu erfüllen", sagte der Sprecher der EU-Kommission, Amadeu Altafaj Tardio.

Rekordverschuldung in der Eurozone

Die italienischen Staatsschulden entsprechen fast 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist der höchste Wert in der Eurozone. Anders als im Falle des vergleichsweise kleinen Griechenlands könnte ein Einknicken der italienischen Wirtschaft die Währungsunion überfordern. Das italienische Parlament hat bereits Sparmaßnahmen im Umfang von 54 Milliarden Euro verabschiedet, die Umsetzung kommt jedoch nur langsam voran. Berlusconi ließ am Montag einen Anhörungstermin vor einem Mailänder Gericht wegen eines Korruptionsverfahrens ausfallen, um in Rom mit seinem Kabinett die von Brüssel geforderten Schritte in Angriff zu nehmen.

Zu den Maßnahmen die Minister und Abgeordnete am Montag diskutierten gehörte auch eine Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre, wie in Deutschland. Allerdings droht der Regierung dabei Widerstand, nicht nur der Gewerkschaften. Auch Berlusconis Regierungspartner Lega Nord, zu deren Wählern viele Arbeiter im wohlhabenden Norden Italiens gehören, wird die Pläne wohl nicht mittragen.

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6 Kommentare

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  • G
    Gabriel

    Hallo Heidi,

    Ich entschuldige mich schon bei euch fur die fehler,die ich auf deutsch machen werde.ich kann Ihnen gern antworten, ich bin ein italienischer Jung,der seit einem jahr in deutschland angekommen ist um zu studieren. Berlusconi ist leider kein idiot, und er kann sehr gut reden er war immer ein showman er koennte sich selber sehr gut verkaufen, er war einfach ein produkt.er hatte die Macht von den traumen, die leute haben (damals) wegen ihm viel getraumt,er hat viel versprochen.Er hatte auch den gluck dass italien hat seit 20 jahren keine richtige "linkes teil",unsere opposition ist einfach peinlich.Und ist klar er kontrolliert auch die 70% unserer medien, damals das hat auch viel geholfen, berlusconi war immer im fernseher.in italien gibt es ein sprichwoert, das die macht von berlusconi gut erklaeren kann( bene o male purchè se ne parli) es bedeutet gut oder schlecht aber wichtigste man soll darueber reden).Die naechsten elektionen werden sicherlich nicht gut fur berlusconi sein sowieso bleibe ich skeptisch, wenn nur berlusconi das einzige problem von italienischen politik waere, haetten wir nur ein kleine problem, leider ist nicht so.

  • K
    Kati

    naja, Deutschland hat mehr Schulden. Ohne die kommenden EFSF Zahlungen und Bürgschaften. Eh schon egal. Wir sehen allerdings hier von Seiten Italiens ein weiteres Zeichen der unzerbrüchlichen Solidarität der T€/EU-Staaten zueinander von der die taz immer faselt.Ein weiteres Solidaritätszeichen ist die Darstellung Merkels als Hitler und die Beschimpfung der Deutschen als Nazis.

  • H
    Hasso

    Berlusconi mag Merkel nicht-, Berlusconi mag Frauen!

  • TK
    Tadeusz Kantor

    auch Deutschland hat ca. 2 Billionen Euro Staatsverschuldung...

  • J
    Jürgen

    " ... Deutschland und Frankreich hatten ... gedrängt, konkrete Maßnahmen zu präsentieren. Das Paket müsse vor allem eine Reform des Arbeitsmarktes und des ineffizienten Justizsystems beinhalten, hieß es"

    Aha, wie wäre es wenn Frau Merkel damit in Deutschland anfangen würde? Stichwort Hartz 4, tatsächliches Vorgehen gegen Steuerhinterziehung, illegale Parteienfinanzierung?

    Und dann könnte man noch mit dem Riester-Quatsch aufräumen, statt den Leuten aufzuschwätzen, ihre Rente ins Investitions-Casino zu tragen, nur damit die gleichen Leute den Banken dann noch ihr Steuern hinterherwerfen können, um ihre Rente nicht zu verlieren.

  • H
    heidi

    Ich würde ganz gerne mal eine Reportage darüber lesen, wie die ItalienerInnen ticken ... warum diese Berlusconi immer wieder gewählt haben, ihn gewähren lassen und behalten ... liebe Taz sprecht doch mal mit den Italions und erklärt es mir dann.