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Israelische Kriegsdienstverweigerer"Soldat sein ist wie atmen"

Die 20 Jahre alte Israelin Omer Goldmann kam ins Gefängnis, weil sie den Kriegsdienst verweigerte. Ein Jahr nach ihr wehren sich erneut Abiturienten gegen die Pflicht zur Uniform.

Irsaelische Soldaten - Verweigern ist nicht erlaubt. Bild: dpa

Sie wollen nicht gehorchen. Die Uniform der israelischen Armee ist für sie das Symbol einer Besatzungspolitik, die sie für unmenschlich halten. Drei Frauen und ein Mann, die gerade Abitur gemacht haben, traten diese Woche in Tel-Aviv vor die Kameras. Sie verlasen einen Brief an die Regierung, in dem sie den Kriegsdienst verweigern.

Insgesamt 84 AbiturientInnen unterschrieben die Erklärung - zwanzig mehr als letztes Jahr. Das ist viel in einem Land, in dem Militärdienst für die große Mehrheit zum Erwachsenwerden gehört und denen, die den Kriegsdienst verweigern, Haftstrafen drohen. Sie wüssten, dass sie damit rechnen müssten, ins Gefängnis zu kommen, sagten die jungen Erwachsenen nach Berichten israelischer Medien.

Eine, die 2008 für ihre Kriegsdienstverweigerung inhaftiert wurde, ist die zwanzig Jahre alte Omer Goldmann. "Wir üben zivilen Ungehorsam", sagt sie im sonntaz-Gespräch. "Dass man für zivilen Ungehorsam ins Gefängnis kommt, ist zutiefst inhuman. Es ist in Israel wirklich ganz normal, dass man zur Armee geht. Soldat sein, das ist wie atmen, wie essen, wie lernen. Es ist sehr schwer, sich dagegen zu stellen."

Bild: taz

Das sonntaz-Gespräch im gesamten Wortlaut lesen Sie in der sonntaz vom 17./18 10.2009 - ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.

In Israel sei es fast unmöglich, als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen anerkannt zu werden, sagt Goldmann. In der Prüfungskommission fragten Generäle: "Wie kannst du eine Pazifistin sein, wenn du auf eine Ameise trittst?"

Ein anderer General allerdings respektiert ihre Entscheidung. Goldmanns Vater war lange der Vizechef des Geheimdienstes Mossad. "So verschieden sind wir auch nicht. Wir kämpfen beide für etwas, was wir richtig finden."

Omer Goldmann kritisiert die Allgegenwärtigkeit des Militärs im israelischen Alltag. "Unsere Schulbücher sind voll von Erklärungen, warum es wichtig ist, uns zu verteidigen", sagt sie. "Dahinter steckt immer das Bild von einem Feind." Die wenigsten Israelis würde dieser militärische Mythos stören. Dennoch will Goldmann nicht wie einige israelische Besatzungskritiker im Ausland leben. "Israel ist mir wichtig. Ich will Einfluss auf die Gesellschaft nehmen", sagt sie im sonntaz-Gespräch.

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15 Kommentare

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  • S
    Stefan

    In jedem Land gibt es Menschen, die Militärdienst ablehnen. Das ist ganz normal. Warum wird darauf bzgl. Israel ein solcher Fokus gelegt?

    Es sollte auch durchaus nachvollziehbar sein, wenn dem Staat Israel sein Überleben am Herzen liegt und er sich um die Verteidigung des permanent bedrohten Landes einige Gedanken mehr macht. Das ist kein Kindergeburtstag, wie wir ihn in Europa haben.

    Die Kritik an den Schulbüchern, die vermitteln, dass die Verteidigung des Landes wichtig sei, finde ich absolut dumm. Sollte der Staat Israel denn zum Ausgleich auch in den Schulbüchern erwähnen, wie wichtig die Zerstörung des Staates Israel sei???

  • M
    Martin

    Erschreckend daß Israels Jugend so kriegsgeil ist.

  • B
    BONNIE

    es ist gar nicht lange her ,da wurden auch in deutschland ,menschen ,die sowohl den wehrdinst,wie auch den ersatzdienst verweigerten eingesperrt.

    voe 30 jahren habe ich mehrere gekannt,sogenannte totalverweigerer.....sperrt man die denn heute nicht mehr ein?

    oder lassen sich heute alle jungen menschen einfach mustern,und unterwerfden sich der staatlichen willkür?

    es ist ja eine grundsätzliche sache,ob ich mich durch die musterung schon mal ,für eien späteren krieg ,dem staat zur verfügung stelle,und ob ich helfe sozial ausgaben zu sparen ,in dem ich ersatzdienst leiste.

    nichts gegen freiwillig geleistete sozialarbeit....aber der ersatzdienst ist,oder war ,nicht freiwillig.

    wer sowohl musterung wie ersatzdienst verweigerte wurde eingesperrt.....

    gibt es das heute nicht mehr?

  • A
    anniealina

    @ Anna Luehse

    Es gibt in Palaestina weder eine Armee noch Kriegstdienst.

    und wenn wir von schulbuechern reden: http://www.haaretz.com/hasen/spages/1122006.html

  • S
    Shefmeister

    Mein lieber Mann. Die Betonkopf-Apologeten sind sich in ihren Kommentaren hier aber auch für keinen Blödsinn zu schade.

  • AL
    Anna Luehse

    @vic "mit dem Herzen denken" ...

     

    Klasse. Das Hirn ist dann für die Verdauung zuständig, oder wie?

     

    @digitaldonkey vermutet:

    "Links sein ist nicht leicht in Israel."

     

    Wen wundert's?

     

    Adolf Eichmann, der Organisator der Massenmorde an den Juden, bekannte in seinen Memoiren:

    „Meine gefühlsmäßigen politischen Empfindungen lagen links.“

     

    Joseph Goebbels, der Chefpropagandist, stellte klar:

    „Der Idee der NSDAP entsprechend sind wir die deutsche Linke… Nichts ist uns verhaßter als der rechtsstehende nationale Besitzbürgerblock.“

     

    http://lichtschlag-buchverlag.de/rezension/37

  • R
    rugero

    Die ständige Beschwörung des Bedrohtseins und die "Verteidigung" gehören zum Selbstverständnis des israelischen Staates. Darum hat die Armee einen so hohen Stellenwert.

     

    Viele junge Israelis haben inzwischen erkannt, daß die "Verteidung" eine Vorwärtsverteidigung ist, die Landnahmen, Angriffskrieg und Verletzung von Menschenrechten einschließt. Das macht Hoffnung auf eine Abkehr von der kriegerischen Grundeinstellung des Landes - eines Tages.

     

    Noch ist für Pazifisten kein Platz in Israel.

  • JG
    Juri Garkov

    Israel befindet sich im Krieg. Es kämpft um seine Existenz. Jeder der sich am Überlebenskampf nicht beteiligt sollte das Land besser verlassen. Israel kann sich eine "Wehrzersetzung" und den Luxus der dt. Gewissensfreheit nicht erlauben.

     

    Ich habe Verständnis für drastische Urteile.

  • C
    Chris

    Finde ich so cool von denen .Hoffentlich werden noch mehrere folgen !!!

  • W
    w.-g.esders

    DAS ist mutig!

  • V
    vic

    "Wenn sie dich jetzt rekrutieren

    Hab den Mut zu desertieren

    Lass sie stehn, die Generäle

    Und verweigre die Befehle

    Menschen werden zu Maschinen

    In den Militäranstalten

    Niemand soll mehr denen dienen

    Die die Welt so schlecht verwalten

    Nie mehr solln uns jene lenken

    Die nicht mit dem Herzen denken

    Lass dich nie mehr auf sie ein

    Sage Nein"

    (Konstantin Wecker)

     

    Auf das nachwachsende, vernünftigere Generationen in allen Ländern, eine Chance bekommen es besser zu machen.

    Das sollte auch in Israel möglich sein, denke ich.

  • JM
    Julius Meier-Graefe

    Weshalb interessiert sich die TAZ so ungemein für Israel? Dieser Artikel ist absolut belanglos.

  • S
    Sven

    Und warum dürfen wir das Sonntaz-Gespräch nicht lesen?

     

    Hier hat jmd. das Internet noch nicht ganz verstanden.

  • D
    digitaldonkey

    Links sein ist nicht leicht in Israel. Wenn man auch noch soviel Wirbel macht können das bis zu zwei Jahren Militärgefängnis werden.

    Eine "stille Verweigerung" aus psychologischen Gründen wird eher toleriert. So nach dem Motto Wenn DU ein Problem hast, dann können wir dich vom Militärdienst befreien.

    Danke für den Mut!

     

    My thoughts are with you!

  • AL
    Anna Luehse

    taz: "Omer Goldmann kritisiert die Allgegenwärtigkeit des Militärs im israelischen Alltag. "Unsere Schulbücher sind voll von Erklärungen, warum es wichtig ist, uns zu verteidigen", sagt sie. "Dahinter steckt immer das Bild von einem Feind."

     

    Soll das ein Witz sein? Blick in die Nazifibel, von EU-Steuergeld finanziert: "Israel existiert nicht!"

     

    "Deutschland finanziert judenfeindliche Schulbücher für Palästinenser

     

    Die von Deutschland, der EU und der UN geförderten Lehrbücher beinhalten das Lehrziel, Kinder zu Märtyrern im Heiligen Krieg zu erziehen.

    ...

    "Nimm dich vor den Juden in Acht, denn sie sind betrügerisch und unloyal", heißt es in dem einem Schulbuch für die 9. Klasse, das den Titel "Islamische Erziehung" trägt. In einem Geschichtsbuch der 10. Klasse wird die Verfolgung der Juden in Deutschland mit deren "Raffgier und religiösem Fanatismus" begründet. ... "

    http://www.welt.de/print-wams/article614533/

     

    " ... Wer von den Werten und Traditionen der palästinensischen Gemeinschaft abweicht, "der wird von der Gesellschaft zurückgewiesen und isoliert", wie es an anderer Stelle heißt. So erscheint beispielsweise ein Bild von zwei Punkern mit Ohrringen und bunten Hemden in einer Unterrichtseinheit über Werte und Normen als Beispiel für schädliche Einflüsse fremder Kulturen auf die palästinensische Gesellschaft. ..."

    http://www.welt.de/print-welt/article690805/

    Israel_existiert_nicht.html

     

    Information fehlt: Was macht die Gegenseite mit Kriegsdienstverweigerern? Vermutung: Sie flüchten nach Israel, so wie Schwule und freiheitsliebende junge Frauen, die ihren Cousin nicht "heiraten" möchten.