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Archiv-Artikel

Israel beharrt auf Forderungen an Hamas

Auch nach der Einigung über eine palästinensische Koalitionsregierung reicht der Regierung in Jerusalem eine indirekte Anerkennung Israels durch Hamas nicht aus. Einige inhaftierte Vertreter der Islamisten kommen frei

JERUSALEM taz ■ Die neue Regierung in den Palästinensergebieten ist noch nicht perfekt, und schon meldet Israel Bedenken an. Um „legitimer“ Verhandlungspartner zu werden, müsse „Hamas die Bedingungen des Quartetts einschließlich der Anerkennung Israels akzeptieren“, so Außenministerin Zipi Livni. Das sogenannte Nahost-Quartett – USA, EU, UNO und Russland – hatte nach dem Wahlsieg der Islamisten von der neuen palästinensischen Regierung Abkehr von der Gewalt sowie die Anerkennung der bisherigen Friedensvereinbarungen gefordert.

Die seit Monaten andauernden Koalitionsverhandlungen zwischen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatah) und Premierminister Ismail Hanijeh (Hamas) zielten neben der Beilegung der innerpalästinensischen Konflikte darauf ab, Bedingungen zu schaffen, um die internationalen Sanktionen zu beenden. Livni appellierte an die internationale Gemeinschaft, keine Kompromisse bei den Bedingungen für die palästinensische Aufbauhilfe einzugehen.

Am Montag hatte Abbas angekündigt, die Regierung „innerhalb von 48 Stunden“ aufzulösen und einen neuen Premierminister mit der Bildung der Folgeregierung zu beauftragen. Die sich abzeichnende große Koalition wird vermutlich wieder von Hanijeh geleitet. Als Kandidaten für drei zentrale Ministerposten werden die unabhängigen Politiker Hannan Aschrawi, Sprecherin der Friedensdelegation in Madrid, der frühere Finanzminister Salam Fayyad sowie der Menschenrechtsaktivist Mustafa Bargouti gehandelt.

Abbas forderte Israel auf, die gut dreißig inhaftierten Minister und Abgeordneten der Hamas wieder auf freien Fuß zu setzen, bevor die neue Regierung gebildet wird. Die Politiker waren nach der Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit festgenommen worden. Gestern ordnete ein Militärrichter die Freilassung einiger Hamas-Vertreter gegen Kaution an.

Regierungsgrundlage soll das so genannte Gefangenendokument, ein Kompromissvorschlag führender palästinensischer Häftlinge aller Fraktionen, sowie die Friedensinitiative der Arabischen Liga aus dem Jahr 2002 sein. Beide Dokumente sehen die Gründung des Staates Palästina im Gaza-Streifen und dem Westjordanland vor. Die Frage, ob Hamas Israel direkt anerkennt oder nicht, ist entscheidend für alle weiteren Entwicklungen. Sami Abu Suhri, ein Hamas-Sprecher im Gaza-Streifen, kündigte bereits an, dass die Organisation Israel nicht anerkennen werde, weil dies der „Anerkennung der Besatzung“ gleichkäme.

Die Hamas gibt zudem keine Stellungnahmen zu den bisherigen Vereinbarungen zwischen Israel und den Palästinensern ab. Offenbar ist sich selbst die Führung im Gaza-Streifen nicht einig über die künftige Richtung. Während Hamas-Sprecher Ghazi Hamad gegenüber dem israelischen Armeeradio erklärte, dass seine Fraktion „kein Problem hat, mit Israel zu verhandeln“, würde Regierungschef Hanijeh den Friedensprozess, der „nicht Sache der Regierung“ sei, lieber weiter der PLO überlassen.

SUSANNE KNAUL