piwik no script img

Islamisierung des NordkaukasusGewalt und Terror bestimmen den Alltag

Schon kurz nachdem Tschetschenien für unabhängig erklärt wurde, marschierte die russische Armee ein. Seitdem ist kein Ende der Gewaltspirale in Sicht.

Grosny, die von Bomben zerstörte Hauptstadt Tschetscheniens. Bild: ap

1991 der sowjetische Luftwaffengeneral Dschochar Dudajew erklärt die Unabhängigkeit Tschetscheniens. Tschetschenien wird zu einer Freihandels- und Schmuggelzone.

1994 im Dezember marschieren russische Truppen ein. Tschetschenische Rebellen ziehen sich in die Berge im Süden zurück, ohne von der russischen Armee besiegt zu werden. 100.000 Zivilisten sterben.

1996 Dudajew wird durch eine Rakete getötet. Im August erobern die Rebellen Grosny zurück. Im November Unterzeichnung eines Abkommens über den Abzug russischer Truppen.

1997 Generalstabschef Aslan Maschadow gewinnt die Präsidentenwahl, Friedensvertrag mit Russland. Die Entscheidung über die Unabhängigkeit Tschetscheniens wird auf 2001 verschoben.

1998 Maschadow ruft den Ausnahmezustand aus. Tschetschenien ist unregierbar. Islamisten und kriminelle Banden treiben ihr Unwesen und verdienen Geld mit Entführungen.

1999 Maschadow gibt dem Druck der Islamisten nach und erklärt, dass in drei Jahren die Scharia, das islamistische Recht, eingeführt wird. Im Juli beschließt Russlands Sicherheitsrat den Einmarsch nach Tschetschenien. Im August besetzen Hunderte Islamisten Bergdörfer in Dagestan, um dort einen Gottesstaat auszurufen. Sie werden von Dagestanis und der russischen Armee nach Kämpfen zurückgeschlagen. Im September explodieren mehrere Wohnblocks in Moskau. Hunderte Menschen sterben. Eine angebliche Spur nach Tschetschenien benutzt der Kreml als Vorwand, um den zweiten Krieg gegen Tschetschenien zu beginnen

2000 im Februar verlassen die Rebellen geschlagen Grosny. Putin ernennt den Mufti Achmed Kadyrow zum Chef einer Übergangsverwaltung

2002 Ende Oktober besetzen tschetschenische Rebellen das Nordost-Musicaltheater in Moskau. Beim russischen Befreiungsschlag durch Gaseinsatz sterben 129 Geiseln.

2002 Präsident Putin macht in Inguschetien den Geheimdienstler Murat Sjiasikow in manipulierten Wahlen zum Präsidenten. Erste Unruhen.

2003 Achmed Kadyrow wird von Putin zum Präsidenten ernannt. Aus Dokumenten der tschetschenischen Verwaltung wird bekannt, dass russische Todesschwadronen monatlich mehr als 100 Tschetschenen ermorden. Die Rebellen gehen zu Selbstmordattentaten über.

2004 Im Mai stirbt Kadyrow bei einem Anschlag. Sein Sohn Ramsan wird von Putin zum Nachfolger ernannt.

2004 tschetschenische Selbstmordattentäterinnen sprengen sich mit zwei Flugzeugen in Domodjedowo in die Luft.

2004 Im September nimmt ein Terrorkommando eine Schule in Beslan, Nordossetien, als Geisel. Die russische Führung versagt. Mehr als 300 Menschen werden bei der Befreiungsaktion getötet.

2004 Anschlag auf den Präsidenten Inguschetiens, Sjiasikow

2005 Massenaufstand in Naltschik, der Hauptstadt Kabardino-Balkariens. Mehr als 150 Menschen werden getötet.

2006 Schamil Bassajew kommt bei einem Attentatsversuch in Inguschetien ums Leben.

2009 Anschlag auf den neuen Präsidenten Inguschetiens, Junusbek Jewkurow. Ermordung der tschetschenischen Menschenrechtlerin Natalja Estemirowa in Grosny. Attentat auf den Innenminister Dagestans.

2010 Anschlag dagestanischer Selbstmordattentäterinnen auf die Metro in Moskau. Im September Explosion einer Bombe auf dem Markt von Wladikawkas in Nordossetien, Dutzende Tote.

2011 Anschlag auf dem Moskauer Flughafen Domodjedowo. 35 Tote und mehr als 140 Verletzte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • B
    Benz

    @Flipper

    Nein, so wie Sie würde ich Putin nicht charakterisieren. Allerdings halte ich diese grandiosen, pompösen Titel wie ''echter Demokrat'' usw. auch nicht für erstrebenswert. Putin ist ein fähiger, energischer und erfolgreicher Politiker, das reicht für ihn völlig aus um bei seinen Wählern populär zu sein. Warum sollte ich mich dafür schämen, einen erfolgreichen Politiker zu loben?

     

    Vergessen Sie nicht, dass Putin den Tschetschenienkrieg beendet hat. Dass es für die Menschen vor Ort eine Katastrophe gewesen wäre, noch länger unter der Herrschaft der rückständigen, brutalen Banditen zu leben.

     

    @Hahn

    Respektieren Sie, dass ich ich eine andere Meinung habe, und stellen Sie sich der Diskussion, anstatt Meinungen, die Ihnen nicht passen, als Propaganda zu verunglimpfen.

  • H
    HaHn

    @Benz: man sieht, die Propaganda wirkt.

  • F
    Flipper

    @Benz:

    Und der Putin ist ein "lupenreiner Demokrat" - wahrscheinlich auch noch ein Menschenrechtsaktivist und Verteidiger von Presse- und Demonstrationsfreiheit! Schämen Sie sich eigentlich nicht?

  • B
    Benz

    Zum Glück hat RU seine Schwäche heute zumindest teilweise überwunden, und hat wieder die Kraft, seinen Bürgern im Kaukasus eine Perspektive zu bieten, sich um sie zu kümmern, die Region nicht den Banditen zu überlassen.

     

    Was die aus Islamisten und ordinären Kriminellen zusammengewürfelten Aufständischen mit dem Kaukasus vorhatten- totales Faustrecht, rechtsfreie Zone, Zerstörung aller Bildungseinrichtungen- da stehen einem ja die Haare zu Berge! Zum Glück hat Russland die Kraft gefunden, sich dieser Katastrophe entgegenzustellen. Und wird, so hoffe ich für die Menschen vor Ort, auch weiterhin tun.

     

    @Gregor

    Die Opferzahlen sind tatsächlich unbekannt. Vor allem aus der Zeit der faktischen Unabhängigkeit, 1995-2000, als die Banditen nahezu frei schalten und walten konnten, gibt es so gut wie keine Zahlen. Bekannt ist aber, dass die Rebellen in diesen 5 Jahren gezielt Jagd auf Nichtmuslime und Intellektuelle und Gemässigte machten. Und dass Hunderttausende Flüchtlinge vertrieben wurden.

  • G
    gregor

    "100 000 Zivilisten sterben" Die Zahl ist pure Phantasie. Die wird gebraucht, weil sie so schön und laut klingt. In Wirklichkeit gibt es nur Vermutungen darüber, wie viele Menschen im tschetschenischen Krieg starben. Es gibt nur Schätzungen und Vermutungen. Realistische Annahmen haben etwa die Größenordnung von maximal 25 000 Menschen. Das ist zwar mehr als genug, doch für die Zeitung nicht so spektakulär, wie 100 000 Zivilisten.