Isis im Irak: USA brauchen noch Zeit
Isis-Kämpfer haben im Irak laut Menschenrechtsaktivisten Mitte Juni rund 180 Menschen exekutiert. Viele Kämpfer ziehen sich in einer syrischen Grenzstadt zusammen.
WASHINGTON/BAGDAD/BEIRUT rtr/ap/afp | Die US-Regierung will sich vor eventuellen Luftangriffen auf die Extremistengruppe Isis in den kommenden Wochen ein genaues Bild der Lage im Irak verschaffen. „Wir sind noch nicht so weit“, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag aus Regierungskreisen.
Es brauche Zeit, um Einzelheiten über Aufstellung, Bewaffnung und Pläne der Extremisten zu bekommen. Dabei werde auch ein neues irakisch-amerikanisches Einsatzzentrum in Bagdad behilflich sein. Zudem fliegen täglich Aufklärungsflugzeuge und Drohnen über das Land. Ein weiterer Insider sagte, trotz der bislang lückenhaften Aufklärung sei nicht ausgeschlossen, dass die USA Isis bald aus der Luft angreifen könnten, sollten sich konkrete Ziele ergeben.
Die Kämpfer der Isis haben im Irak nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten Massenexekutionen vorgenommen. Zwischen dem 11. und 14. Juni hätten sie an zwei Stellen in Tikrit 160 bis 190 Menschen hingerichtet, berichtete die Organisation Human Rights Watch am Freitag. Die Zahl könne noch um einiges höher liegen, es sei aber schwierig, die Leichen aufzufinden und Zugang zu den Gebieten zu bekommen. Die Analyse basiere auf Satellitenaufnahmen und grausigen, von den Aufständischen veröffentlichten Fotos.
Nach der Einnahme großer Gebiete im Norden des Iraks mit den Städten Mossul und Tikrit Anfang Juni hatten die sunnitischen Extremisten Fotos auf ihrer Webseite veröffentlicht, die zeigen sollen, wie sie gefangene irakische Soldaten massakrieren.
Kämpfer in syrischer Grenzstadt
In der syrischen Grenzstadt Albu Kamal hat die Isis indes weitere Kämpfer zusammengezogen. Das teilte am Donnerstag die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit, die ihre Informationen aus einem Netzwerk von Informanten in Syrien bezieht. Auf der Internetplattform YouTube waren Videos zu sehen, die einen Fahrzeugkonvoi in Albu Kamal zeigen. Auf den Autos und Lastwagen weht die schwarze Isil-Fahne.
In Albu Kamal hatten sich Kämpfer der syrischen Al-Nusra-Front, dem örtlichen Arm des Terrornetzwerks Al-Kaida, am Mittwoch mit Isis-Kämpfern zusammengeschlossen, die am Wochenende den Ort Al-Kaim auf der irakischen Seite der Grenze erobert hatten. Damit kontrollieren die Isis-Kämpfer nun Positionen auf beiden Seiten der Grenze.
Seit Anfang Juni hatten Isis-Kämpfer weite Teile des Nordiraks erobert. Ihr Ziel ist die Gründung eines grenzübergreifenden islamischen Staates in der Region. Isis und die Al-Nusra-Front kämpfen im syrischen Bürgerkrieg gegen die Regierungstruppen von Präsident Baschar al-Assad, seit Januar hatten sie sich aber auch gegenseitig bekämpft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?