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„Irgendwie dichtmachen“

■ Deichtorhallen: Nur noch notdürftige Reparaturen / Sanierungsstopp gefährdet Kunstausstellungen / Körber-Stiftung dementiert Von Heike Haarhoff

Die Bauarbeiter pfeifen es vom Deichtorhallen-Dach: Wenn der derzeitige Restaurierungsabschnitt an der Nordhalle zum Jahresende abgeschlossen ist, wird ein Sanierungsstopp verhängt. Die verbleibenden Dach- und Fassadenarbeiten an der ehemaligen Markthalle, die seit 1989 für internationale Kunstausstellungen genutzt wird, sollen dann nur noch notdürftigst verrichtet werden.

Das hat der Vorstand der Körber-Stiftung nach Informationen der taz vor etwa zehn Wochen beschlossen. Der Grund: Der Etat der Körber-Stiftung, die die aufwendige Sanierung finanziert, ist durch den „überraschend großen Reparaturaufwand enorm belastet“, sagt Stiftungsrats-Mitglied Christoph von der Decken. Allerdings könne er sich „ aus Gründen der Moral“ nicht vorstellen, „daß die Stiftung die Deichtorhallen in einem anstößigen Zustand hinterlassen wird.“

Vor Ort Tätige glauben das sehr wohl: „Uns wurde gesagt, daß keine Gelder mehr da sind, um die Arbeiten wie bisher fortzusetzen“, klagt ein Dachdecker. Jetzt könne nur noch „Flickschusterei“ betrieben werden. Die „ganze Schlamperei“, die bei der ersten Sanierung unter Aufsicht des Berliner Architekten Josef Kleihues passiert sei, wiederhole sich jetzt. Damals hatte die Körber-Stiftung rund 25 Millionen Mark investiert – in den Wind, wie sich im nachhinein zeigte. Denn schon nach fünf Jahren mußte von Grund auf erneuert werden. Zehn Millionen, schätzen Experten, würde eine vernünftige Sanierung der Nordhalle verschlingen. Der jährliche Etat der Körber-Stiftung umfaßt aber nur 20 Millionen und unzählige Projekte.

„Wir übernehmen keine Garantie mehr, wenn Regen durch's Dach dringt und Wasserschäden an den Kunstwerken in der Halle anrichtet“, warnen die Beschäftigten. Notwendige Dämm- und Isolationsschichten unterhalb des Kupferdaches könne man sich bei dem abgespeckten Etat abschminken, von Entlüftungsschächten ganz zu schweigen. Fugen und Risse am Gemäuer würden nicht mehr wie bisher ausgebessert, „und Kanten unterhalb der Dachrinnen, die das Wasser ableiten, wird's auch nicht mehr geben“. Statt dessen sollten sie, so erfuhren die Arbeiter, „die gröbsten Löcher irgendwie dichtmachen“.

Skandalöser als die optischen Unterschiede zwischen sorgfältig saniertem und „hingehuddeltem“ Gebäudeteil ist die Tatsache, daß Regen und Schwitzwasser wegen der mangelnden Isolation „in vier oder fünf Jahren“ erneut durch die Decke tröpfeln könnten. „Länger hält die Pfuschkonstruktion wahrscheinlich nicht“, kritisieren die Baufachleute.

„Völliger Unsinn“, dementiert der Vorstandsvorsitzende der Körber-Stiftung, Ulrich Voswinckel. „Die Weiterarbeit wird nicht in der bisherigen Intensität stattfinden, weil das nicht nötig ist.“ Die Schäden in dem nun folgenden Teil seien geringer; deswegen müsse das Dach nicht komplett erneuert, sondern nur ausgebessert werden. Voswinckel: „Das ist sachlich geprüft.“

Auch Zdenek Felix, Direktor der Deichtorhallen GmbH kann sich „gar nicht erklären, wie das Gerücht entstanden ist.“ Stillschweigen auch in der Kulturbehörde: „Ich kann das nicht bestätigen. Ich habe eine Zusage von der Körber-Stiftung, daß alle Schäden behoben werden, und darauf verlasse ich mich“, mauert Behörden-Mitarbeiter Rüdiger Jörn. Die Bauleute sind da auskunftsfreudiger: Vertreter der Behörde und der Körberstiftung seien vor ein Wochen vor Ort gewesen, um die Lage zu besprechen. Vereinbart worden sei allerdings, den „Medienfrieden“ zu wahren.

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