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Investieren in „Horizont 2000“

Klaus Kinkel und seine Begleiter interessierten sich in Syrien und im Libanon vor allem für Geld / Der Aufbau Beiruts birgt Millionengeschäfte  ■ Von Björn Blaschke

Friedenspolitik im Nahen Osten ist nach wie vor eine Domäne der USA; Europa hat in der Region vorrangig wirtschaftliche Interessen. Diese Haltung vertrat auch Bundesaußenminister Klaus Kinkel während seines Besuches in Syrien und im Libanon. Im Troß des Ministers befanden sich 31 deutsche Unternehmer, darunter Vertreter von Siemens, Preussag, Thyssen Rheinstahl, Lurgi und der AEG.

Pflichtgemäß wies Kinkel am Donnerstag den syrischen Staatschef Hafis al-Assad auf „die einmalige historische Gelegenheit zum Friedensschluß mit Israel“ hin und überreichte eine von amnesty international erstellte Liste politischer Gefangener; dann drehten sich die Gespräche vorrangig um Geld. Kinkel forderte die Rückzahlung einer Milliarde Mark syrischer Altschulden, darunter Forderungen der ehemaligen DDR in Höhe von 700 Millionen Mark.

Vor allem wirtschaftliche Interessen führten Kinkel auch nach Beirut. Als einen der ersten Termine verzeichnete das Protokoll die Besichtigung der größten Baustelle des Libanon: das alte Zentrum der Stadt. Dessen in 15 Jahren Bürgerkrieg zerstörter Kern soll innerhalb von zwei Jahren zum postmodernem Vorzeigeviertel werden.

Die libanesische Geschäftpartnerin für den Wiederaufbau ist die „Solidere“. Die Aktiengesellschaft hat die zerstörten Häuser ihren Besitzern abgekauft. Mehr als 20.000 Klein- und Kleinstaktionäre haben sich an der Gesellschaft beteiligt, um Solidarität mit ihrem Land zu demonstrieren. Den Löwenanteil der Aktien jedoch haben sich einige Wirtschaftsmagnaten aufgeteilt, darunter Regierungschef Rafik Hariri. Die anderen sind größtenteils unbekannt, ebenso wie die Länder, in die die Gewinne des Unternehmens fließen. In Beirut fallen in dem Zusammenhang Namen wie Saudi-Arabien und Syrien, aber auch Frankreich, die USA und Israel werden genannt.

Gerüchte hin, Verschwörungstheorien her: Vier Jahre nach Ende des Bürgerkriegs haben in Beirut Spekulanten dafür gesorgt, daß die Grundstückspreise mit denen von New York vergleichbar sind. Dafür ist die Infrastruktur noch immer marode. Die Straßen sind von Schlaglöchern übersäht, das Trinkwasser ist so schlecht wie die Kläranlagen kaputt sind, und das staatliche Telefonsystem bricht ständig zusammen.

Monatelang kämpfte eine Bürgerinitiative gegen die „Solidere“. Die Rechte und Interessen der ehemaligen Hauseigentümer seien kaum oder gar nicht beachtet worden, klagte sie. Doch gegen den mächtigen Hariri kam sie nicht an. Das Projekt „City Center“ ist das Herzstück seines städtischen Entwicklungsprogramms. In den nächsten 25 Jahren will Hariri „sein“ Beirut zum Finanz-, Dienstleistungs- und Handelszentrum machen – „Horizont 2000“ genannt. Um diese ehrgeizigen Pläne umsetzen zu können, muß der libanesische Staat für den Wiederaufbau seines Landes noch etwa elf Milliarden US-Dollar aufbringen. Aber es fehlt am Geld. Am Donnerstag enthüllte die libanesische Staatsbank, daß ihre Devisenreserven allein im Mai um 550 Millionen US-Dollar gesunken seien. Das ist der größte monatliche Verlust seit über einem Jahr.

Hariri hofft auf Unterstützung aus dem Ausland. Besonders rechnet er mit Geldern von im Ausland lebenden Libanesen. Auf 20 bis 40 Milliarden US-Dollar wird deren Kapital geschätzt. Doch zum Ärger Hariris steckten sie ihr Geld bisher lieber in andere Geschäfte. Deshalb sind in Beirut Leute wie Klaus Kinkel und seine Begleiter gerngesehene Gäste.

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