■ Intervisionäres: Der Dalli-Klick
Wetten, daß wir alle mitmachen, wenn das Fernsehen endlich anfängt, mit uns zu reden? Vorbei die Zeit, da wir unerhört die Mattscheibe anquengeln, endlich etwas Vernünftiges zu senden. Denn bald, so die interaktive Vision, steigen wir einfach aus und machen uns unsere eigene Show.
Zum Beispiel „Wetten, daß...?“. Schon Ende des Jahres will die Zukunftseinheit des Zweiten Deutschen Fernsehens, die „ZDF Enterprises“, eine CD- ROM zu Gottschalks Quotenhit auf den Markt werfen, die aus der Oneway-Show ein interaktives Computerspiel machen will. Da werden wir uns dann dalli, dalli selbst darin üben können, per Mausklick einen Lkw auf vier Biergläser abzustellen oder unter fünftausend Telefonnummern alle „Meyers“, nach Postleitzahl geordnet, aufzusagen. Da wird es Hilfsmenüs geben, die uns erklären, warum und wie das alles physikalisch möglich ist, und wenn wir die Nummer mit dem Buntstiftlecken dann immer noch nicht glauben wollen, schauen wir uns einfach noch mal den Originalsendeausschnitt an. Natürlich machen wir da mit! Oder vielleicht doch nicht?
Was sich die ZDF-Enterprise- Crew um Vertriebsleiter Alexander Coridaß da ausgedacht hat, scheint mir doch beileibe nicht so spannend zu sein wie das Gefühl, mit 16 Millionen anderen „Wetten, daß...?“-Zuschauern gemeinsam und live, fiebernd und erstaunt der Sendung selbst beizuwohnen. Denn nur was man gemeinsam sieht, läßt sich am nächsten Tag mit den Kollegen trefflich diskutieren. „Wie das wohl geht mit dem Lkw?“ – „Wer wohl die Idee hatte?“ – „Warum einer so was wohl macht?“ Letztlich ist doch das schönste Spiel, das Fernsehen uns zu bieten hat: daß man hinterher drüber redet. Und deshalb sehen wir auch alle das gleiche! Weil's sonst keinen Spaß machen würde.
Wenn die interaktive Vision tatsächlich Wirklichkeit würde – wir müßten unser Verhältnis zum Fernsehen ganz neu überdenken. Müßten, unaufhörlich zu selbständigen Programmentscheidungen gezwungen, über all das gut nachdenken, was wir uns da anschauen. Ob „Wetten, daß...?“ dann wohl auch noch, wie 1994, die meistgesehene Unterhaltungssendung des Jahres würde? Klaudia Brunst
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