Interview: "Man muss auch die inhaltliche Auseinandersetzung führen"

Die Ausgrenzung der NPD in den Bezirksparlamenten funktioniert "größtenteils", sagt Frauke Schalau von der Antifa-Initiative "Nazis in den Parlamenten".

taz: Frau Schalau, worum geht es bei Ihrer Initiative "Nazis in den Parlamenten"?

Frauke Schalau: Wir sind rund zehn ehrenamtlich arbeitende, politisch engagierte Einzelpersonen und Menschen, die wissenschaftlich mit dem Thema Rechtsextremismus zu tun haben. Wir gehen in jede Bezirksverordnetenversammlung (BVV), um zu dokumentieren, was die rechten Parteien tun und wie die anderen Bezirksverordneten darauf reagieren. Zudem haben wir Kontakte in die Bezirksämter und zu den anderen Parteien.

Woher kam die Idee für das Projekt?

In Sachsen gibt es "Nazis in den Parlamenten" schon länger. Dieses Konzept haben wir übernommen.

Was wollen Sie durch Ihre Arbeit erreichen?

Unser Ziel ist es, durch die Dokumentation der politischen Arbeit von NPD, DVU und den "Republikanern" Argumentationsgrundlagen für eine politische Auseinandersetzung zu schaffen. Wir wollen zeigen, welche Inhalte die vertreten, wie ihre konkrete Politik aussieht und welche Ideologie dahintersteckt.

Ihr Eindruck nach dem ersten Jahr?

Die NPD ist von den rechten Partei die fitteste. Sie steht in engem Kontakt mit erfahrenen NPDlern aus Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, was sich zum Beispiel an gleichlautenden Anfragen in den BVVs zeigt. Man sieht, dass die NPD nicht mehr ganz so stümperhaft vorgeht, wie noch vor drei bis vier Jahren. Die DVU steht ganz unter dem Scheffel der NPD, eigene politische Ansätze sind bei ihr kaum zu erkennen. Die "Republikaner" hingegen sind mit ihrem einen Abgeordneten in Pankow völlig verloren.

Funktioniert das Konzept der Ausgrenzung der NPD in den Parlamenten?

Größtenteils schon. Dass wirklich mal mit der NPD abgestimmt wird, ist die absolute Ausnahme. Auch die räumliche Trennung und das Ignorieren von NPD-Redebeiträgen klappt recht gut. Durch diese Ausgrenzung sind die Rechten politisch nicht handlungsfähig. Es kommt nie zu einem Konsens zwischen ihnen und den anderen Bezirksverordneten. Die gesamte politische Arbeit der NPD ist eher so eine Art Schauspiel für diejenigen, die sie später wählen sollen.

Aber in Sachsen ist die NPD im Parlament doch verhältnismäßig erfolgreich. Wieso funktioniert das in Berlin nicht?

Hier ist die Partei einfach nicht in der Bevölkerung verankert. Sie kann auf keinerlei breite Sympathie zurückgreifen. Den beliebten Bäcker aus der Nachbarschaft, der in Sachsen für die NPD ins Parlament geht, gibt es in Berlin so nicht.

Wie sieht es mit dem Verhältnis der NPD und den Kameradschaften aus?

Die Zusammenarbeit von NPD und militanten Kameradschaften in Berlin hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt. Die Abgeordneten sind nach wie vor Teil der rechtsextremen Szene. Beim letzten Wahlkampf haben sich die Kameradschaften auch rege beteiligt. Viele Neonazis aus dem militanten Spektrum sind inzwischen in die NPD abgewandert. Trotzdem gibt es zwischen den beiden Gruppen noch ab und zu Konflikte.

Was erhoffen Sie sich für die kommenden vier Jahre im Umgang mit den rechten Bezirksverordneten?

Eine Ausgrenzung macht weiterhin Sinn, um ihnen politisch keine Chance zu geben. Trotzdem muss man auch die inhaltliche Auseinandersetzung führen. Als Parlamentarier muss man verstehen, was das Demokratieverständnis der NPD ist. Warum sind das keine Demokraten? Ideal wäre es natürlich, wenn alle Menschen sich mehr damit auseinandersetzen würden. Dann würden viel weniger Leute auf deren Sprüche reinfallen. Um das zu fördern, erscheint demnächst eine kostenlose Broschüre von uns mit Argumentationshilfen gegen rechts.

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