piwik no script img

■ Interview„Massiver Widerstand“

Christian Schwarzenholz ist umweltpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion in Hannover und Mitbegründer der BI „Vechelder gegen Schacht Konrad“

taz: Es mehren sich die Meldungen, die Atomindustrie habe sich intern vom Endlager Gorleben verabschiedet und nun Schacht Konrad und Morsleben ins Visir genommen. Sind das reale Pläne?

Schwarzenholz: Man kann nicht davon sprechen, daß sich die Energieversorger von Gorleben verabschieden, weil sie ja eine Langzeitzwischenlagerung mit dem Castor – was einer de facto Endlagerung gleichkommt – durchsetzen wollen.Gorleben bleibt zentraler Baustein, denn es ist klar, daß die hochradioaktiven Brennelemente nicht in Schacht Konrad gelagert werden können. Dafür gibt es bisher keine rechtliche Grundlage.

Kann man denn Schacht Konrad einfach als Endlager für hochradioaktiven Atommüll umetikettieren?

Wenn man Schacht Konrad politisch durchsetzt und in Betrieb hat, ist das nicht auszuschließen. Bereits jetzt sollen 95 % des Atommülls in Schacht Konrad gelagert werden. Es geht also „nur noch“ um weitere 5%.

Ministerpräsident Schröder hat während der Energiekonsensgespräche Schacht Konrad als Endlager angeboten. Welcher Deal steckt dahinter?

Schröder bereitet neue sogenannte Konsensgespräche vor. Er hat jetzt gerade den Popanz in die Welt gesetzt, daß die Atomindustrie doch bitte keine neuen AKW in Serie gehen läßt. Das sind Meldungen, die von ihm frei erfunden sind, um ein Bild zu malen, daß er den Atombefürwortern überhaupt noch etwas abhandeln kann. Schröder will überhaupt nichts mehr rausholen. Er hat vor zwei Jahren Schacht Konrad feilgeboten– als Opfer.

Gorleben ist als Endlager bislang nicht daran gescheitert, daß es nicht genehmigungsfähig ist, sondern am politischen Widerstand. Das Widerstandspotential in der Region um Konrad, wo ja immerhin rund eine Million Menschen leben, wird von fast allen gewaltig unterschätzt. Neue Bürgerinitativen entstehen dieser Tage, in denen auch härtere Widerstandsformen diskutiert werden. Ich bin überzeugt, wenn es ernst wird, gibt es massiven Widerstand. Und dann stellt sich die Frage, ob Schacht Konrad überhaupt noch politisch durchsetzbar ist. Schröder wird sich noch warm anziehen müssen.

Wie sieht die grüne Endlagerkonzeption aus?

Es gibt bislang keine sicherheitstechnisch durchdachte und wissenschaftlich haltbare Endlagerkonzeption. Deshalb können wir hier keine erschöpfenden Antworten geben. Es ist notwendig, in den nächsten Jahrzehnten endlich mit ernsthaften Forschungen zu beginnen. Es wird sich zeigen, eine absolute Sicherheit im Umgang mit den radioaktiven Stoffen wird es nicht geben – und deshalb müssen die Reaktoren auch so schnell wie möglich abgeschaltet werden.

Fragen: Carsten Krebs

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen