Interview zu neuem Browserstandard: "Webherrschaft geht nur mit HTML5"

Peter Kröner ist HTML5-Experte und Webentwickler. Ein Gespräch über die Konkurrenz für den App-Store, das Ende der Flash-Anwendungen und den "Krieg der Plattformen".

Bessere Bedienung, schöneres Design: Zukunftspläne der HTML5-Entwickler. Bild: smile4mone / photocase.com

taz.de: Herr Kröner, im Netz wird der künftige Webstandard HTML5 viel diskutiert. Aber was ist wirklich neu?

Peter Kröner: HTML5 ist eine Ansammlung von Technologien, die den Browser von einem Dokument-Betrachter in eine Anwendungs-Plattform verwandelt. Das heißt: Alles, was Ihnen heute nur eine App oder ein installiertes Programm bietet, das geht demnächst direkt im Browser.

Welche Vorteile bietet die HTML5-Technologie für Nutzer und Entwickler?

Für den Nutzer wie für den Entwickler macht HTML5 sehr viele Dinge sehr bequem, deshalb, weil sich auf einen Schlag alle Plattformen bedienen lassen. Es geht hier also nicht so sehr um die Vorteile, die HTML5 als eine neue Kern-Technologie bietet, davon merken die Nutzer in der Regel wenig. Es geht viel mehr darum, was HTML5 generell ermöglicht: nämlich Webapplikationen.

Das heißt, Programme wie Flash gehören der Vergangenheit an?

Langfristig ja. Und das gilt für alle, die in die Flash-Kategorie fallen, also auch Java-Applets und Silverlight. Denn das, was Flash ja eigentlich nur macht, ist, im Browser Sound abzuspielen oder Grafiken zu ändern. Und das sind genau die Sachen, die HTML5 dem Browser selbst beibringt.

Wird HTML5 auch das Design in Web-Browsern verändern?

Auf jeden Fall, allgemein geht der Trend in Richtung adaptives Webdesign, also dahin, das sich das Design unter HTML5 automatisiert an den Formen-Charakter des Endgerätes anpasst, – egal ob sie das Design auf ihrem heimischen Breitbildschirm oder auf ihrem winzigen iPhone-Display betrachten.

Unter dem Codenamen "Project Spartan" plant Facebook angeblich, eine eigene mobile Plattform für Apple-Geräte (iOS-Betriebssystem) zu etablieren. Das Ziel des Projekts sei es, die Abhängigkeit vom Marktführer Apple zu minimieren, heißt es. Denn die Webapplikationen der neuen Plattform sollen auf dem künftigen Webstandard HTML5 beruhen und damit direkt im Browser verwendet werden können – so wäre der Appstore als Vertriebsweg überflüssig.

Wenn man HTML5-Webapplikationen auf jedes x-beliebige Endgerät bringen kann, klingt das doch nach einer großen Herausforderung für den App-Marktführer Apple?

Sicherlich können HTML5-Webapplikationen bei Apple zu Kontrollverlusten und Umsatzeinbußen führen. Doch wie sich das genau entwickelt, kann heute niemand abschätzen. Das kann genauso gut nebeneinander her existieren, und ich denke, das wird es auch bis in alle Ewigkeit. HTML5 besitzt ja schließlich auch ein paar Nachteile: Gerade wenn Sie auf eine gelungene User Experience setzen, also wenn Sie möchten, dass sich Ihre Applikation genau so verhält wie eine native iPhone-Applikation – das kriegen Sie mit einer Website in HTML5 einfach nicht hin.

Einen Angriff gegen Apple muss Steve Jobs demnach nicht befürchten?

Definitiv nicht. Wenn ich Steve Jobs wäre, ich wäre ganz entspannt. Denn was man nicht vergessen darf, ist: Apple selbst hat ja die Entwicklung von HTML5 mit angestoßen und Steve Jobs ist bis heute einer der größten HTML5-Advocaten. Zumindest er scheint also nicht zu glauben, dass da irgendein ein Angriff bevorsteht – und wer bin ich, dass ich Steve Jobs widersprechen würde (lacht)? Andererseits würde ich, wenn ich mit einer App die Weltherrschaft an mich reißen wollte, natürlich zu einer HTML5-Webapplikation greifen, weil die auf allen Geräten einheitlich läuft.

"Weltherrschaft", ein gutes Stichwort: Jüngst sorgte das "Project Spartan" von Facebook für Schlagzeilen, im FAZ-Blog war gar von einem "Krieg der Plattformen" zu lesen...

...ja, im "Project Spartan" kommt HTML5 vor, aber ich würde das nicht überbewerten. Facebook ist ein riesiges Software-Unternehmen. Und wenn Facebook sagt, jetzt bauen wir uns für unsere ganzen Apps einen eigenen App Store, ist das für mich nur naheliegend. Eben weil das alle so machen.

Wer sind denn die großen Treiber des neuen Webstandard?

Nun, Apple glaubt dran, Microsoft glaubt dran und Google glaubt dran – und das die jetzt auf einmal alle falsch liegen, daran glaube ich nicht.

An HTML5 führt also kein Weg vorbei. Wann wird die Auszeichnungssprache zum Standard?

Das kommt darauf an, wen Sie fragen. Mit dem W3C-Konsortium und der WHAT WG (Anmerkung: Web Hypertext Application Technology Working Group) gibt es zwei Gruppen, die seit 2004 parallel an HTML5 arbeiten. Das Problem ist: Das W3C und die WHAT WG sind sich in einigen Spezifikationen noch uneins. Der letzte Termin zur Fertigstellung war der Dezember 2010, der neue ist Oktober 2011 – aber darauf würde ich nicht allzu viel geben, ehrlich gesagt, Web-Technologien entwickeln sich sowieso fließend.

Letzte Frage, Hand aufs Handy, Herr Kröner: Android oder iPhone?

Zum Testen habe ich im Büro zwar Geräte von allen Herstellern rumliegen. Aber für meine privaten Bedürfnisse passt der Android am besten – ein frisches habe ich gerade bestellt. Grundsätzlich kann ich sagen: Im Mac-Universum bin ich einfach nicht so tief verwurzelt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.