Interview: Horst Bossong: „Geld haben wir schon“
■ Hamburgs Drogenbeauftragter über sein Programm zur kontrollierten Heroinabgabe
taz: Schon im nächsten Jahr könnte es mit der kontrollierten Heroinabgabe in Hamburg ernst werden. Wieso haben Sie sich darauf nicht vorbereitet?
Horst Bossong: Wir sind seit langem darauf vorbereitet.
Theoretisch, moralisch oder praktisch?
Das Geld für ein solches Projekt ist bereits im Haushaltsentwurf der Behörde für 1999 vorgesehen. Das ist der wichtigste Punkt. Wir sind außerdem mit dem Bundesgesundheitsministerium und Forschergruppen im Gespräch.
Brauchen Sie kein Konzept?
Wir setzen nur den Rahmen: Als Zielgruppe stellen wir uns etwa 200 bis 300 erwachsene Langzeitabhängige vor, die mindestens zwei Jahre in Hamburg wohnen sollten, um einen Sogeffekt zu vermeiden. In den Verträgen mit den Drogenambulanzen haben wir außerdem eine Option für ein Heroinprojekt schon jetzt verankert.
Soll es ein kleines Projektchen werden oder ein flächendeckendes Programm?
Wir werden mit einem Gesamtkonzept anfangen.
In der Schweiz ging das Heroinprogramm mit massiver Polizeirepression einher. Wird das hier genauso sein?
Ich würde mir wünschen, daß Repressionen gar nicht mehr notwendig wären, aber das ist, wie auch die Schweiz zeigt, unrealistisch. Wir erhoffen uns mit einer Heroinabgabe einen Durchbruch in der Drogenpolitik. Das wird aber nicht alle Probleme beseitigen.
Wie soll ein solches Programm wissenschaftlich begleitet werden?
Um von der UNO eine Genehmigung zu bekommen, muß das Forschungsziel anders formuliert werden als in der Schweiz. Ich könnte mir folgende Fragestellung vorstellen: ,Gibt es prognostizierbare Indikatoren, die Aufschluß darüber geben, welche Therapie für wen richtig ist?' Denn warum sollte man einen Junkie in eine Therapieform schicken, die für ihn nichts bringt? Für eine kleine Gruppe von Hardcore-Usern könnte zum Beispiel die kontrollierte Heroinabgabe als erster Schritt richtig sein, und nicht erst nachdem alles andere gescheitert ist. Fragen: sim
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