Interreligiöser Dialog: Kommunikation statt Konflikt

Der Nahostkonflikt führt auch in Berlin zu Spannungen zwischen Juden und Moslems. Eine Diskussion im Jüdischen Museum zeigt: Der Dialog zwischen beiden Religionen könnte gerade hier gelingen.

Fünf Gebetsteppiche liegen auf dem Boden am Rande dieses Veranstaltungsraums im Jüdischen Museum. Darauf knien Muslime, die die Zeit bis zum Beginn der Diskussion über den Konflikt zwischen Muslimen und Juden ganz in sich versunken zum "Salat" nutzen, dem rituellen Gebet gen Mekka.

Doch so problemlos wie hier in diesem Raum - unter den rund 70 Zuschauern sind Muslime genauso wie Juden - verläuft das Zusammenleben in Berlin nicht immer. Ufuk Topkara, der Führungen im Jüdischen Museum macht, trifft immer wieder auf Vorurteile gegenüber Juden. "Als ein Lehrer mit seiner Berliner Klasse mit sehr vielen muslimischen Schülern hier hereinwollte, kamen nur die Hälfte überhaupt zum Treffpunkt hier vor die Tür." Und von denen wollten dann wiederum nur acht ins Haus. Topkara: "Die anderen haben sich geweigert und meinten, das Eintrittsgeld fließe doch nach Israel. Dabei ist das Haus natürlich ein staatliches deutsches Museum."

Viel stärker als mit diesem Argument hat Ufuk Topkara die widerspenstigen Schüler bei dieser Gelegenheit damit beeindruckt, dass er selbst Muslim ist. Und er kann die Vorurteile gegenüber Juden nicht verstehen: "Nach dem 11. September 2001 haben wir Muslime gemerkt, wie schnell die Menschen einer Religion unter Generalverdacht geraten können. Aus dieser Erfahrung heraus sollten wir eigentlich sensibler mit Vorbehalten gegenüber anderen Religionen sein."

Das findet auch Topkaras jüdische Mitdiskutantin Shlomit Tulgan bei diesem Podiumsgespräch, das der muslimische Verein Insaan zum Auftakt einer Veranstaltungsreihe mit dem Titel "Begegnungen" organisiert hat. So wie Topkara hat auch Tulgan wenig Berührungsängste - ist sie doch selbst mit einem Muslim verheiratet. Unter ihren Verwandten stieß das jedoch auf große Vorbehalte. Besonders ärgert sie sich auch, dass sie als Jüdin ständig auf den Nahostkonflikt angesprochen wird: "Ich bin das wirklich leid, ich habe mit dem Staat Israel nichts zu tun! Ich besuche zwar die religiösen Stätten dort, aber ich bin nicht verantwortlich für jede Handlung der Regierung dort."

Tatsächlich ist der arabisch-israelische Konflikt auch in Berlin sehr präsent: Vereinzelt gab es auch hier Übergriffe von Muslimen auf Juden. Mehrfach verprügelten arabische Jugendliche jüdische Schüler, die Davidstern oder Kippa trugen. Ende 2006 sah sich ein jüdisches Mädchen sogar gezwungen, von der Kreuzberger Lina-Morgenstern-Oberschule auf die jüdische Schule in Mitte zu wechseln. Zuvor war die 14-Jährige monatelang von muslimischen Mitschülern auf dem Schulhof und ihrem Schulweg gedemütigt, bespuckt und geschlagen worden.

Der Dialog ist jedoch auch von jüdischer Seite aus nicht immer einfach, sagt Shlomit Tulgan. Eine Hürde müssten etwa viele Juden aus Osteuropa überwinden, die in Berlin die Mehrheit stellten. Die hätten "eine völlig andere Mentalität", sagt Tulgan.

Dabei bietet gerade Berlin auch viel Möglichkeiten für Dialog zwischen Muslimen und Juden, von dem sowohl Tulgan als auch Topkara glauben, dass er der beste Weg zum Konfliktabbau ist. "Berlin ist ein Schmelztiegel, wo schon der alte Fritz jeden nach seiner Façon seelig werden ließ", sagt Topkara: "Und auch heute noch ziehen hierher sehr viele Menschen aller Kulturen und Religionen. Wenn wir hier Vorurteile abbauen, kann das durch den ständigen Austausch sogar weit über die Grenzen der Stadt ausstrahlen."

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