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Internetversand EbayStellenabbau trotz schwarzer Zahlen

Ebay will zwei Drittel seiner Stellen in Deutschland streichen. Dabei geht es dem Internetversandhandel gar nicht so schlecht. Der Betriebsrat wehrt sich.

Bei dem Stellenabbau gehe es allein darum, Kompetenzzentren in Dublin, Zürich und Richmond aufzubauen, sagte Ebay-Pressesprecher Nerses Chopurian. Bild: ap

BERLIN taz | Nach zwei Verhandlungstagen mit der Ebay-Konzernleitung haben am Freitag die Mitarbeitervertreter zu einer Versammlung eingeladen. Erst dort wurde vielen Beschäftigten das Ausmaß der geplanten Kündigungen klar: "Als anhand eines Tortendiagramms dargestellt wurde, wie sehr die einzelnen Abteilungen geschrumpft werden sollen, machte sich unter den Kollegen Betroffenheit breit", berichtet ein Mitarbeiter.

Die deutsche Konzernleitung des weltweit größten Internetversandkaufhauses Ebay will zwei Drittel der Stellen streichen. Von den 600 Beschäftigten in der Deutschlandzentrale in Dreilinden müssen über 400 gehen. Der Betriebsrat ist empört. Denn Ebay sei wirtschaftlich gut aufgestellt, der Konzern schreibe schwarze Zahlen und würde wachsen. Der Betriebsrat kündigte an, dass er sich für den Erhalt aller Stellen einsetzen werde.

Ebay-Pressesprecher Nerses Chopurian bestätigte, dass sich das Unternehmen nicht in einer wirtschaftlichen Notsitutation befinde. Bei dem Stellenabbau gehe es allein darum, Kompetenzzentren in Dublin, Zürich und Richmond aufzubauen. "Dadurch erhoffen wir uns bessere Synergien", so Chopurian. Im Europarc Dreilinden sollen in Zukunft nur noch die deutschen Geschäfte abgewickelt werden. Allerdings schloss er nicht aus, dass neue Arbeitsplätze bei externen Dienstleistern in Deutschland entstehen könnten. Der Betriebsrat hingegen warnte, dass der damit verbundene Verlust von Fachwissen vor allem im technischen Bereich zu deutlichen Qualitätsverlusten beim deutschen Nutzer führen werde. Gerade der deutsche Markt gehöre für das Unternehmen zu den wichtigsten weltweit.

Vergangene Woche hatte der Betriebsrat der Konzernleitung ein eigenes Personalplanungskonzept vorgestellt. Die Geschäftsleitung zeigte sich jedoch nicht interessiert und verwies auf den Stellenabbau anderer Standorte: "Vancouver hatte auch nur drei Monate Zeit zur Umstellung. Das ist die Realität", hieß es von der Konzernleitung.

Das hört sich nach einem Zeitplan an, über den der Betriebsrat offensichtlich nicht eingeweiht war. Verdi-Berater Karl-Heinz Austermühle wies entsprechend daraufhin, dass der Betriebsrat bei Betriebsänderungen gesetzlich dazu berechtigt sei, an der Umsetzungsplanung mitzubestimmen. Der Arbeitgeber müsse den Betriebsrat rechtzeitig unterrichten.

Die Konzernleitung hatte die Belegschaft über den geplanten Stellenabbau Anfang Oktober unterrichtet. Der Betriebsrat wurde nur zwei Stunden vorher informiert. Der Ebay-Pressesprecher rechtfertigt sich: Sobald der Beschluss fest stand, sei der Betriebsrat informiert worden, so Firmensprecher Chopurian.

Nach Angaben des Betriebsrats standen die Verhandlungen für einen Interessensausgleich erst am Anfang. Um so überraschender sei er am Freitag bei der Mitarbeiterversammlung über die Ansage der Firmenleitung gewesen, dass weitere Verhandlungen vor einer Einigungsstelle stattfinden würden. Chopurian bestätigte, dass sich die Verhandlungen schwieriger gestalten würden als gedacht. Deswegen sei der Schritt zur Einigungsstelle unvermeidlich.

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9 Kommentare

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  • BE
    bald ex Kunde

    kann nur jeden raten sich schnell noch an den Kundenservice zu wenden.

    Zukünftig wird es sicherlich nur noch Textbausteine hageln oder die Anfrage wird eben gelöscht

    ist zudem die 4. KÜNDIGUNGSRUNDE

    Wien,

    Vancouver

    Berlin 2008

    Berlin 2009

    und das ist sicherlich noch nicht das ENDE;

    Salamietaktik

    schön die Mitarbeiter gegeneinander ausspielen

  • N
    Normalkunde

    Es schreibt nicht nur die Presse, daß es den deutschen Support WEITERHIN aus Dreilinden geben würde. Dies ist auch die offizielle Aussage des Pressesprechers von ebay Nerses Chopurian im rbb Fernsehen am 1.10 gewesen.

     

    Wenn dem nicht so wäre, wäre es doch sicherlich ein Verstoß gegen die Informationspflichten eines börsennotierten Unternehmens.

    Oder etwa nicht?

  • EE
    ein Ehemaliger

    Zu dem Punkt, ...In der Presse wird stets suggeriert..., meines Vorredners, möchte ich ergänzen, dass in den Berichten über den aktuellen Stellenabbau auch völlig untergeht, dass dieser bereits vor längerem begonnen hat. So arbeiteten vor 1 -1 1/2 Jahren noch 1254 Mirarbeiter für eBay in Dreilinden. Aber es klingt natürlich "besser" wenn man nur von 400 Betroffenen spricht anstatt von über 1000 !!!

    Die PR Abteilung versteht ihr Geschäft. Sind wahrscheinlich dann auch die letzten die gehen.

  • AB
    Auch Betroffener

    Wie eben schon benannt, es wird sich nichts für die Deutschen - Normal kunden verbessern. Alles wird an Overflow-Partner gehen.

     

    Dublin wurde gewählt, da dort eine bessere Überwachung der eBay- Mitarbeiter möglich ist, es keinen Betriebsrat gibt, die Kosten insgesamt geringer sind und und und .....

     

    Leider werden in Dreilinden auch Teams wegfallen die eigentlich sehr wichtig sind für die deutschsprachige eBay Seite, oder für ganz Europa. Mitarbeiter die lange Jahre Erfahrungen gesammelt haben um Ihre Arbeit präzise und gut zu machen. Da gibt es Beschwerdemanagement, die die harten Konflikt- Fälle klären. Eine Abteilung die mit den Behörden die "Bösen" auf der Plattform einfängt und somit dafür sorgt, das diese dort landen wo die hingehören, ggf im Knast. Und so weiter ...

     

    All das geht flöten, eine "Fremdfirma", oder wie es ja so schön nun benannt wird, ein Overflow-Partner kann dies nie so leisten!

     

    Eins steht fest, der Kahn ist schon volle Pulle gegen den Eisblock gerammelt, mal sehen wie schnell die einzelnen Kammern absaufen.

     

    1-2-3, ist bald alles vorbei?

     

    Na denn ....

  • S
    sickofit

    Es scheint bei Ebay ausgemachte Sache zu sein, daß man mit den gewerblichen Verkäufern mehr Geld verdienen kann. Irgendwas scheint bei der Gewinnerwartung in diesem Laden schief gelaufen zu sein, denn die Sache mit den gewerblichen Verkäufern wird nur kurzer Ruhm sein. Diese gewerblichen Verkäufer verdienen nur etwas, wenn sie auch etwas verkaufen. Und das sehe ich nicht als langjähriger Ebayer. Die gewerblichen Verkäufer sind eher nicht ernst zu nehmen, da sie von der verfahrenen Umtauschsituation auf Ebay profitieren. Das Internet bietet zu viel Platz und ein gewerblicher Verkäufer benötigt Ebay nicht, um seine Ware zu verkaufen, wenn er ein gutes Konzept hat und gute Ware. Gewerbliche Verkäufer auf Ebay sitzen oft in Hongkong. Da stimmt einfach was nicht.

  • C
    Claudia

    Ich arbeite auch bei einem großen Konzern. Und obwohl wir z.Zt. noch nicht von ähnlichen Maßnahmen bedroht sind (hoffe ich zumindest), hat auch meine Firma ihren Endkundensupport zu großen Teilen in eine Billiglohnland verlagert. Mit dem Ergebnis, dass seitdem immer mehr öffentliche Berichte (Blogs etc.) über den schlechten Service unserer Firma auftauchen, vor allem aus den Betroffenen Regionen. Spricht man das gegenüber den Verantwortlichen an, wissen die das zwar, aber darüber hinaus scheint es sie auch nicht weiter zu interessieren. Wichtig ist halt, die Zahlen im jeweiligen Quartal gut aussehen zu lassen. Und wenn das mit einer Verlagerung des Supports in Billiglohnländer geht, wird das schwuppdiwupp gemacht, und schon wurden in Q4 wieder Millionen eingespart. Lässt die Bilanz gut aussehen. Langfristige Folgen oder der Schaden, der dem Unternehmen dadurch entstehen kann, sind erstmal völlig egal. Ich frage mich, wie lange man diese Strategie noch fahren kann.

  • H
    homme

    Die Ankündigung von ebay ist ein Schlag in das Gesicht der Kunden.

    Wer sich jemals schon einmal an den Support mit einer Frage gewendet hat weiß an was ich denke. Die Antworten sind ausgesprochen unpräzise, meist sogar zu einem anderen Themenbereich. Als Kunde fühlt man sich vor den Kopf gestoßen. Ob eine Verlagerung Besserung bringt halte ich persönlich für unwahrscheinlich.

    Das es auch anders geht zeigt z.B. der Schweizer Mitbewerber Ricardo.....da klappt es mit dem Service.

  • C
    Christian

    Das ist halt das Geschäfft, bei dem es nur um Profit geht. Aus dem Grund boomt ja auch der Callcentermarkt so stark zur Zeit.

     

    Dort arbeiten Mitarbeiter für 6,50 - 9 Euro die Stunde. Wer dann noch Service verlangt ist eindeutig auf dem falschen Weg.

     

    Es geht doch immer mehr in die Richtung Hartz IV zu beziehen obwohl man 40 Stunden die Woche arbeitet und eBay zieht da nun nach.

  • B
    Betroffener

    "Im Europarc Dreilinden sollen in Zukunft nur noch die deutschen Geschäfte abgewickelt werden."

     

    BLÖDSINN!!! Die Masse an deutschen Kunden wird bereits jetzt ausschliesslich von unzureichend geschulten Zeitarbeitern in Billigcallcentern versorgt, was man zunehmend merkt wenn man sich mal mit einem Anliegen an den eBay Support richtet. Die von eBay selbst so hochgelobten Overflow-Partner wie z.B. Sitel, CCC, Transcom etc. Von unserer Geschäftsleitung heisst es dazu "Diese Leute arbeiten BESSER, SCHNELLER, BILLIGER und sind FLEXIBLER." Nun dürfen auch die letzten ECHTEN eBay Mitarbeiter das sinkende Schiff verlassen. Am Standort Dreilinden werden ab demnächst ausschliesslich deutsche (gewerbliche!) Top Verkäufer betreut. Dieses Team umfasst 87 Leute. Alle anderen Mitarbeiter bekommen einen Tritt in den Ar*** für Ihre Arbeit der letzten 10 Jahre! In der Presse wird stets suggeriert, dass der komplette deutsche Support weiterhin von Dreilinden abgewickelt wird. Das entspricht NICHT der Wahrheit!

     

    Zu allen nachvollziehbaren Argumenten die für uns sprechen heisst es seitens der Geschäftsleitung nur: "Wir kennen das Risiko und werden es managen!"

     

    In dem Sinne - Mein Name ist Gunther und das Schlauchboot geht unter...