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Archiv-Artikel

Internationale Untersuchung gefordert

KIRGISTAN US-Organisation Human Rights Watch legt Bericht zu Unruhen im Süden vor. Regierungskräfte hätten Angriffe auf Viertel von Usbeken begünstigt. Kritik an Folter von Angehörigen der Minderheit

BISCHKEK taz | Human Rights Watch wagt sich in die Höhle des Löwen. Die Mitarbeiter der US-Menschenrechtsorganisation Ole Solvang und Andrea Berg stellten am 16. August in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek den Bericht über die „interethnische Gewalt in Südkirgistan und ihre Folgen“ vor. „Einige Regierungsstreitkräfte agierten so, dass sie den Angriff auf usbekische Wohnviertel begünstigten“, erklärte HRW und kritisierte zudem die einseitige Strafverfolgung von Usbeken und deren Folter nach Ausbruch der Unruhen. Solvang forderte eine „internationale Untersuchungskommission“ und begrüßte die Entsendung einer OSZE-Polizeimission in den Süden Kirgistans.

Kirgisische Journalisten warfen HRW vor, einen antikirgisischen Bericht verfasst zu haben und damit den interethnischen Hass anzustacheln. „Bei den Ereignissen hat es sich um einen ethnischen Konflikt gehandelt“, sagte Solvang und erklärte, dass sowohl Kirgisen und Usbeken als auch Mitarbeiter der Sicherheitskräfte befragt wurden seien. HRW vermeidet aber Begriffe wie „Genozid“ oder „ethnische Säuberungen“.

Aufgrund von mehr als 200 Zeugenbefragungen rekonstruiert der Bericht die Ereignisse. In der Nacht zum 11. Juni sollen nach Auseinandersetzungen zwischen Usbeken und Kirgisen über tausend Usbeken randalierend durch Osch gezogen sein. „Die Usbeken waren anfangs nicht bewaffnet“, sagte Solvang. Auch habe HRW keine Hinweise, die auf die Einmischung einer dritten Kraft schließen ließen.

In der Nacht zum 11. Juni hätte es hauptsächlich Opfer unter den Kirgisen gegeben. Tags darauf seien Kirgisen aus dem Umland nach Osch geeilt. „Es hat die Vergewaltigung von kirgisischen Studentinnen in einem Wohnheim in Osch nicht gegeben“, sagte der HRW-Mitarbeiter, gleichwohl diene dieses Gerücht bis heute als Rechtfertigung. Die Kirgisen seien mit Panzerwagen und Schusswaffen in die Stadt eingefallen und hätten über 2.000 Häuser gebrandschatzt.

Die Zahl der Toten ist bis heute unklar. Die offizielle Seite nennt 371 Opfer, aber man müsse wohl von einer höheren Zahl ausgehen. „Viele Usbeken bekommen bis heute keinen Totenschein“, sagte die HRW-Mitarbeiterin Berg. MARCUS BENSMANN