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Internationale Konferenz in BangkokUN stellt Myanmar an den Pranger

Das Elend tausender Flüchtlinge hat Südostasien erschüttert. Doch Myanmar, das Herkunftsland vieler, weist jede Kritik zurück.

In der Nähe von Malaysien versorgt ein Fischerboot Flüchtlinge mit Lebensmitteln – sie kommen aus Myanmar und Bangladesch. Foto: dpa

BANGKOK dpa | Mit mehr Jobs, Bildung und einer besseren medizinischen Versorgung sollen neue Flüchtlingsdramen in Südostasien verhindert werden. Darauf einigten sich die Teilnehmer einer internationalen Konferenz in Bangkok in einer Abschlusserklärung. Das habe auch Myanmar mitgetragen, betonte ein thailändischer Diplomat. Zusätzlich wollen die Länder einerseits mit Informationskampagnen vor Menschenhändlern warnen, andererseits aber auch mehr Wege für legale Migration finden.

Mit einem heftigen Schlagabtausch über die Ursachen der Flüchtlingskrise offenbarten Myanmar und die Vereinten Nationen einen tiefen Graben. Bei der internationalen Konferenz zu Migration und Menschenhandel stellten die UN Myanmar als Herkunftsland vieler Verzweifelter an den Pranger, die unter prekären Bedingungen über das Meer fliehen und oft in die Hände von Menschenhändlern geraten. Die einstige Militärdiktatur wies jede Verantwortung brüsk zurück.

Mehr als 20.000 muslimische Rohingya sind nach Schätzungen in diesem Jahr schon vor Armut und Diskriminierung aus Myanmar geflohen. Die Behörden bezeichnen die Rohingya als „Bengalis“ und wollen damit nahelegen, dass sie aus dem Nachbarland Bangladesch stammen. Sie verweigern ihnen die Staatsbürgerschaft, obwohl sie teils seit Generationen im Land leben. 3.000 Flüchtlinge, darunter auch Bangladescher, sind seit Anfang Mai nach teils wochenlanger Überfahrt auf überfüllten Booten in Indonesien und Myanmar an Land gekommen.

Volle Verantwortung tragen

Zeitgleich mit der Konferenz entdeckte die Marine Myanmars nach eigenen Angaben vor der Küste ein Schiff mit mehr als 700 Flüchtlingen, darunter 45 Kinder. Das Informationsministerium lud Fotos auf seiner Facebook-Seite hoch, auf denen sie dicht gedrängt an Bord zu sehen waren. Die Marine habe das Schiff zu einem Stützpunkt geleitet.

Für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR nahm der österreichische Jurist Volker Türk bei der Konferenz mit Teilnehmern aus 17 Ländern kein Blatt vor den Mund: „Es gibt keine Lösung, ohne die Ursachen anzugehen“, sagte der Beigeordnete des Flüchtlingshochkommissars. „Myanmar muss die volle Verantwortung für alle Menschen in seinem Land tragen. Die Verleihung der vollen Bürgerrechte ist das Ziel.“

Der Delegationsleiter Myanmars, Htin Lynn, wies ihn zurecht: „Mit dem Finger auf andere zu zeigen, bringt gar nichts.“ UNHCR sei wohl schlecht informiert. Ursache der Krise sei nicht Myanmars Politik, sondern die Menschen seien Opfer von Schleppern, sagte er, ohne darauf einzugehen, dass das eine das andere nicht ausschließt.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) sieht das jüngste Flüchtlingsdrama in Südostasien als Teil einer beispielloses Migrationsaufkommen, das auch Europa und die USA spürten. Krieg und Konflikte hätten so viele Menschen zwangsweise aus ihrer Heimat vertrieben wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, sagte IOM-Chef William Lacy Swing. „Migration ist kein Problem, das gelöst werden kann. Es ist eine Realität, die gemanagt werden muss.“

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4 Kommentare

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  • Vielleicht hätte man auch David Cameron als Vertreter der ehemaligen Kolonialmacht und damit in historischer Verantwortung stehend einladen sollen. Der hat ohnehin seltsame Vorstellungen über Aufgabenverteilung.

     

    „Myanmar“ hingegen könnte die Siedlungsgebiete der Rohingyas in die Unabhängigkeit entlassen oder – falls von allen Seiten gewünscht – an Bangladesch abtreten, wenn es sie nicht als seine Staatsbürger akzeptieren möchte.

    • @Lindenstock:

      Ich frage nach den Gründen, warum die Rohingyas weder die Staatsbürgerschaft noch die selben Rechte wie die anderen Bürger Myanmars bekommen.

       

      Auch in Deutschland gibt es Siedlungsgebiete, die fast ausschliesslich von Menschen mit Herkunft aus anderen Ländern bewohnt werden und diese Menschen wollen nach ihren eigenene Regeln leben. Sollten diese Gebiete auch an die Herkunftsländer dieser Menschen abgetreten werden?

      • @Kai Kummer:

        ist das nicht kai kummer der bei verfolgten muslimischen minderheiten seinen islamophoben reflex auspackt?

        • @Tim:

          Ich bin erst gar nicht versucht gewesen, den KK fragen zu wollen, wo er hierzulande "Siedlungsgebiete" und in welcher Qualität von wen genutzt ausgemacht haben will. Diese Vorstellung hat erkennbar keine Hand und keinen Fuß – auf so was muss man nicht eingehen. Es gibt solche „Siedlungsgebiete“ schlicht nicht, wohl noch nicht einmal geschlossene Straßenzüge, die ausschließlich von einer einzigen Gruppe von Einwanderern und ihren Nachfahren bewohnt wird. Die dänische Minderheit in Nordschleswig oder die Sorben dürften sowieso nicht gemeint sein.

           

          Für das Thema der Bootsflüchtlinge und dem Unwesen das in Myanmar getrieben wird ist es, neben der aktuellen innen- und außenpolitischen Lage dort, aufschlussreicher sich die Siedlungsgebiete der Rohingyas anzuschauen, nachzuschlagen, was es mit dem Königreich Ankamar auf sich hat und was die Geschichte für unterschiedliche Herrschaftsbereiche in diesem Teil Hinterindiens bzw. Südostasiens.zu verzeichnen hatte. Da wird man eben auch bei Großbritannien landen, das auch für die Grenzziehungen mitverantwortlich ist.

           

          Die Regierung Myanmars ist für alle Bewohner verantwortlich, die seit der Unabhängigkeit Birmas im Herrschaftsbereich dieses Staates gelangt sind.