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Internationale Gemeinschaft gespaltenStreit über Iran wird schärfer

Nach der einseitigen Verhängung von US-Sanktionen gegen Teheran bereitet Washington eine UN-Resolution vor. Deutschland geht auf Distanz zum US-Kurs.

"Die größte Sicherheitsherausforderung": Atomkraftwerk in Buschehr im Südiran Bild: dpa

BERLIN taz Der Streit über das iranische Atomprogramm spaltet die internationale Gemeinschaft immer mehr. Während die USA und in ihrem Gefolge Frankreich, Großbritannien und Israel harte Sanktionen fordern und sogar die Option eines militärischen Angriffs nicht ausschließen, setzen Russland, China und Deutschland auf diplomatische Verhandlungen.

Obwohl der UN-Sicherheitsrat einstimmig eine neue Resolution gegen den Iran und mögliche weitere Sanktionen gegen das Land auf Ende November vertagt hat, verhängte Washington vergangene Woche im Alleingang die weitreichendsten Sanktionen gegen Teheran seit der Gründung der Islamischen Republik vor fast 30 Jahren. Die Revolutionsgarden als Teil der iranischen Streitkräfte werden dabei als Lieferant von Massenvernichtungswaffen gebrandmarkt. Ihre Elite-Truppe, die Al-Kuds-Einheit, kommt auf die Liste von Staaten und Organisationen, die den Terrorismus unterstützen. Damit machte die US-Regierung den Weg für umfassende Strafmaßnahmen frei.

Der amerikanischen UN-Botschafter Zalmay Khalizad kündigte am Montag an, die USA, Großbritannien und Frankreich bereiteten eine neue UN-Resolution für weitere Sanktionen vor. "Diplomatie erfordert mehr Druck, um den Iran zu Zusammenarbeit zu bewegen", sagte Khalizad. Dem Regime dürfe nicht erlaubt werden, auch nur die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen zu entwickeln. Der Iran reichere Uran an, "und das tut man, um Nuklearwaffen zu entwickeln". Die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, bezeichnete Iran als "die größte Sicherheitsherausforderung".

Demgegenüber erklärte der Generaldirektor der Internationalen Atombehörde (IAEO), Mohammed al-Baradei, gegenüber CNN, seine Behörde habe "bislang keine konkreten Beweise" dafür, dass der Iran "aktiv" an einem Atomwaffenprogramm arbeite. Selbst wenn der Iran die Fähigkeit zum Bau von Nuklearwaffen hätte, gäbe es noch Jahre Zeit, den Streit auf diplomatischem Weg beizulegen.

Russlands Präsident Wladimir Putin reagierte letzte Woche mit scharfer Kritik auf die neuen US-Sanktionen. "Sie (die USA) können herumlaufen wie Verrückte und Rasierklingen schwenken, aber das ist nicht der beste Weg, das Problem zu lösen", sagte er. Russland widersetze sich einer dritten UN-Resolution zu Iran-Sanktionen und verlange multilaterale Verhandlungen, wie dies im Fall Nordkoreas erfolgreich geschehen sei: "Da haben wir mit friedlichen Methoden das Problem praktisch gelöst." Am Dienstag reiste Außenminister Sergei Lawrow zu einem Arbeitsbesuch nach Teheran, unter anderem, um die Regierung zum Einlenken zu bewegen.

Auch Deutschland scheint von dem harten Kurs der USA Abstand zu nehmen. Im Hinblick auf die Kriegsdrohungen aus Washington sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier: "Wir müssen Nuklearwaffen im Mittleren Osten verhindern. Aber militärische Abenteuer sind kein Beitrag zur Lösung. Im Gegenteil, das tägliche Schwadronieren darüber erschwert die Lösung."

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2 Kommentare

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  • K
    Keter

    Wach auf Europa bzw. Deutschland.Deutschland will keine Sanktionen auf Iran verhängen, weil Deutschland soviel zu verlieren hat.Man will nicht das gute Geschäft mit dem Iran verlieren wegen 6 Millionen Juden. Aber vergiss dass nicht Deutschland , in Augen die Mullahs seid ihr auch Unglaubiger.I srael weiss wer seine Partner sind in dieser Welt.Anscheind ist das Existenzrecht Israel nicht zu wichtig für die Bundesregierung.

     

    Diser Fanatiker aus Tehran hat mehrmals angekündigt,dass er Israel von der Landkarte tilgen will.Er spinnt wohl natürlich aber die Juden haben schon gelernt, dass die auf sich alleine angewiesen sind.Am Israel Chaim

  • HV
    Helmut von der Lahr, Bad Homburg v.d.H.

    John J.Mearsheimer und Stephen M. Walt(University of Chikago / Harvard University) haben in ihrem soeben erschienen Buch "The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy" eine zutiefst beunruhigende Darstellung der Geschichte, der Konsequénzen und der Akteure der Beeeinflussung der U.S. Außen- (und Innen-)politik durch die ubiquitäre Israel Lobby in den Vereinigten Staaten gegeben. In den Kapiteln, die dem unmittelbaren Wirken dieser Lobby auf dem Kapitol (Holding Sway on Capitol Hill) und nach dem 11. September 2001 (The United States and Israel after 9/11) gewidmet sind, wird impliciter die intellektuelle Vorbereitung dessen beschrieben, was wir jetzt im Falle Irans als Remake des Irak-Aufgalopps erleben. Besonders lesenswert ist das rückblickende Kapitel "Fixing the Intelligence on Iraq". Es steht zu hoffen daß die Demokraten nach einem Wahlsieg noch frei genug sind, ihre Lehren aus Mearsheimers und Walts Schlussbemerkungen zu ziehen. "Die Interessen der USA und die Israels waren jedoch niemals identisch, und Israels gegenwärtige Politik steht im Widerspruch zu Amerikas eigenen Interessen und einigen der amerikanischen Grundwerte. Unglücklicherweise hat der politische und mediale Einfluß der Lobby die amerikanische politische Führung in vergangenen Jahren entmutigt, eine Politik im Mittleren Osten zu verfolgen, die den amerikanischen Interessen förderlich gewesen wäre und Israel vor seinen eigenen schlimmsten Fehlern zu bewahren. Der Einfluß der Lobby, auf den Punkt gebracht, war schlecht für beide Länder" (S.355)

    Es sieht so aus, als würde gerade, honni soit qui mal y pense, mit Sarkozys Hilfe im Falle des Iran ein neues erfolgreiches Kapitel der Wirkungsgeschichte der Lobby aufgeschlagen. Nun bleibt zu sehen, ob Frau Merkels weibliche Intuition und politischer Savoir ausreichen wird, den aktuell unbeweibten Sarko in eine neue, sinnvole Entente pour la Paix et la Raison zu ziehen, die den europäischen Werten und Interessen verpflichtet ist. Das würde der deutschen Tradition wirkungsvoller Unterstützung israelischer Interessen und der transatlantischen politischen und Wertegemeinschaft in der Tat nützen.