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Interna der "Linken"Sehnsucht nach Lafontaine

Linksfraktionschef Gysi, Bundesparteivize Wagenknecht und die hessische Fraktionsvorsitzende Wissler freuen sich über Lafontaines verstärktes Engagement. Nun wünschen sie noch mehr Einsatz.

Sahra wünscht sich noch mehr Oskar. Bild: dpa

BERLIN dapd | Linksfraktionschef Gregor Gysi schlägt Oskar Lafontaine für eine Führungsrolle im Bundestag vor. Der Saarländer könne "selbstverständlich" wieder eine hohe Position unter den Linke-Abgeordneten übernehmen, sagte Gysi in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd.

Während Berlins Linke-Chef Klaus Lederer und die hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler sich ähnlich äußerten, mahnte Bundesparteivize Sahra Wagenknecht, eine Führungsdebatte bringe die Partei jetzt nicht weiter.

Gysi betonte sein gutes Verhältnis zu Lafontaine. "Noch nie haben Sie etwas von mir gegen ihn gehört, umgekehrt genauso wenig, selbst wenn es Ärger gab", sagte er. In seiner derzeitigen Position als Fraktionschef im Saarland sei Lafontaine "ein bisschen unterfordert", urteilte Gysi. Eine Rückkehr des 68-Jährigen an die Parteispitze erklärte er jedoch für unwahrscheinlich.

Gysi erinnerte an die Zeit von 2005 bis 2009, als er gemeinsam mit Lafontaine den Linke-Abgeordneten vorgestanden hatte: "Wir haben damals als Fraktionsvorsitzende eine gute Arbeitsteilung gefunden und wir kommen gut miteinander aus." Lederer sagte dem Tagesspiegel über Lafontaine: "Ich wünsche mir, dass er die Linke gemeinsam mit Gregor Gysi in die nächste Bundestagswahl führt." Lafontaine werde gebraucht, "er ist ein politisches Schwergewicht", sagte Lederer. Wissler sagte, sie wünsche sich "natürlich", dass Lafontaine wieder eine größere Rolle spielt. Ohne ihn "wäre das Projekt Linke nicht möglich gewesen".

"Ich habe zwei wirklich zeitaufwendige Funktionen"

Wagenknecht sagte zu den Gerüchten über ein Lafontaine-Comeback, der saarländische Fraktionschef habe sich "erfreulicherweise in den letzten Monaten wieder verstärkt in die Bundespolitik eingebracht, was von sehr vielen Mitgliedern begrüßt wird". Sie forderte ihre Partei jedoch eindringlich auf, eine erneute Führungsdebatte zu vermeiden. Es wäre für viele Menschen "schlicht nicht nachvollziehbar", wenn die Linke mitten in der europäischen Krise Personaldiskussionen führe, sagte Wagenknecht.

Zu möglichen eigenen Ambitionen auf den Parteivorsitz sagte sie: "Ich habe zwei wirklich zeitaufwendige Funktionen als stellvertretende Vorsitzende sowohl in der Partei als auch in der Fraktion. Ich will jetzt alles dafür tun, dass ich diese Funktionen gut ausfülle." Wagenknecht war im November zur ersten stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt worden. Zu Gysi habe sie "inzwischen ein sehr gutes Verhältnis", sagte sie.

Wagenknecht und Gysi gegen Mitgliederbefragung

Sowohl Wagenknecht als auch Gysi sprachen sich gegen eine Befragung der Mitglieder zur künftigen Parteispitze aus. Wagenknecht erklärte, laut Satzung sei nur eine unverbindliche Befragung möglich. "Es hat sich gezeigt, dass die große Mehrheit der Landesverbände eine solche Mitgliederbefragung zur Parteispitze ablehnt, denn sie würde uns jetzt monatelang zur Selbstbeschäftigung zwingen", sagte sie.

Gysi sagte, er unterstütze die Idee, bis Mitte Januar einen Vorschlag für eine kooperative Führung auszuarbeiten. Damit sei man die Personaldiskussion los. Lederer verlangte einen Personalwechsel an der Parteispitze. Die Linke brauche eine "breite Führung, die vertrauensvoll miteinander arbeitet, weiblicher, moderner, jünger", sagte er.

Die Linke wählt im Sommer 2012 auf einem Parteitag in Göttingen eine neue Führungsspitze.

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4 Kommentare

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  • M
    Marc

    Schon blöd, dass eine Partei die sich angeblich für basisdemokratische Volksabstimmungen einsetzt, dies ihren eigen Parteimitgliedern nicht zuzutrauen vermag. Wie immer ist diese "Partei" für eine Lachnummer gut.

  • B
    Branko

    Das Problem der Glaubwürdigkeit der Linkspartei ist der Kuschelkurs mit denjenigen, die am liebsten wieder den Warschauer Pakt und die Mauer zurückhaben wollen. Bis Die Linke konsequent auf diese Mitglieder- und Wählerbasis der DDR-und-Stasi-Anhänger verzichtet und sich klar und deutlich von ihnen distanziert, kann man dieser Partei keine ernsthafte Glaubwürdigkeit abnehmen.

    Ergo hat jede Information aus oder über diese Partei bis dahin Feuilletonwert - was S. Wagenknecht und O. Lafontaine zementieren.

     

    Gute, weise, intelligente und vernünftige Sachen von der Oppositionsbank rausposaunen, kann und macht jeder.

    Sogar die CDU und SPD hauen von der Oppositionsbank Dinger raus, wo ich sage:"Jou, richtig." Warum sie's dann auf der Regierungsbank dann nicht umsetzen, bleibt ihr Geheimnis.

     

    Aber mit dem Anteil mauerphiler Ostmitglieder wird's bei unglaubwürdiger Opposition bleiben - zu recht.

     

    Apropos:

    Hat Frau Lötzsch Kim Jong-un schon kondoliert und zum Amtsantritt gratuliert?

  • DQ
    Der Querulant

    Die Linke: Ein einziges Trauerspiel!

     

    Wenn es ihr nicht wie der FDP gehen soll, sollte sie sich schnellstens und weniger mit Herz als vielmehr mit Biß ihrem ureigensten Thema, der sozialen Gerechtigkeit, zuwenden. Davon ist allerdings kaum etwas zu spüren, weniger noch als bei der SPD. Und das will schon etwas heißen.

     

    Wer die Agenda 2010 nicht generell ablehnt, wer nicht permanent Täter, Opfer, Gewinner und Verlierer der Dauerkrise benennt, wer keine Lösungen anbietet und ihre Durchsetzung "garantiert", der ist nur im Kreis der anderen Parteien zu verorten, der hat so wenig Zukunft wie die FDP. Und der hat sie, als Linker, auch nicht verdient.

     

    Das Anbiedern an eine SPD jedenfalls, sorry Oskar, hat keine Zukunft, birgt keine Glaubwürdigkeit und hat kein Vertrauen verdient. Die SPD als Plagiat der CDU kann nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden, wenn es um die politische Zukunft Der Linken geht. Die Nichtwähler, mittlerweile der größte Pool verfügbarer Wähler, dürstet nach klaren politischen Aussagen. Dort liegt die Zukunft.

  • A
    Agnes

    Irgend n Linker hat doch zum Aufkommen der Piraten mal gesagt, mit Liquid Democracy renne man bei der Linken offene Türen ein;

    aber bloß keine Mitgliederbefragungen, erst recht keine verbindlichen.

     

    Hach, sind die beknackt.