Interessenkonflike bei Regierungsberatern: Das Geschäft mit den Gesetzen
Das Wirtschaftsministerium beauftragte eine Kanzlei, um ein Bankengesetz zu erarbeiten. Doch manche Kanzlei erarbeitet Banken-Gesetze - und berät dann Banken. Ein Beispiel.
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BERLIN taz | Die Finanzkrise hat auch Profiteure. Einer davon ist die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer mit Hauptsitz in London. Während Banken um ihr Überleben kämpfen und die Regierung sie zu retten versucht, lässt sich die Kanzlei von beiden Seiten für Beratung bezahlen.
Im Herbst 2008 nahm das Finanzministerium die Hilfe der Kanzlei Freshfields in Anspruch, um ein Gesetz zur Stabilisierung des Finanzmarktes zu entwerfen. Das geht auch aus einer Pressemitteilung hervor, die Freshfields am 3. November 2008 veröffentlichte. Mit diesem Gesetz wurde auch der Sonderfonds zur Finanzmarktstabilisierung (Soffin) geschaffen. Dieser soll marode Banken unterstützen, indem er ihnen hilft, ihr Eigenkapital zu stärken und Liquiditätsengpässe zu beheben. Pikanterweise hilft Freshfields auch Banken, die von dem Sonderfonds Unterstützung erhalten. In einer Freshfields-Pressemitteilung vom 19. Januar steht, dass sie die HSH Nordbank "umfassend zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz" berät. Zu der Frage, ob ein Interessenkonflikt vorliegt, wollte sich Freshfields gestern gegenüber der taz nicht äußern.
Gleichzeitig brach die Verbindung zum Finanzministerium nicht ab. Als es darum ging, das 50-Milliarden-Euro-Rettungspaket für die Hypo Real Estate (HRE) zu schnüren, war es erneut die Kanzlei Freshfields, die dem Ministerium beratend zur Seite stand. 2007 hatte die Wirtschaftskanzlei die HRE noch bei der Übernahme der Depfa-Bank unterstützt. Ebendiese brachte die HRE in Schwierigkeiten. Grund war der Handel mit Subprimepapieren, in den die Depfa stark involviert war.
Wie hoch die Honorare waren, die das Finanzministerium an die Anwaltsfirma zahlte, ist nicht bekannt. Das Finanzministerium wollte dazu gestern keine Angaben machen. Im März hatte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Wolfgang Neskovic, eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Er wollte wissen, in wie vielen Fällen externe Berater daran beteiligt waren, Gesetz- und Verordnungsentwürfe zu bearbeiten und welche Summen gezahlt wurden. In der Antwort der Regierung fehlen genau da Angaben zu den Honoraren, wo es um die Gesetze zur Stabilisierung des Finanzmarktes geht. Die Regierung begründet dies mit der Rücksicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Auftragnehmer. Die Kanzlei Freshfields wiederum gibt aus Rücksicht auf das Finanzministerium keine Auskunft zu den Honoraren.
Freshfields ist eine der weltweit führenden Wirtschaftskanzleien (Jahresumsatz: 1,5 Milliarden Euro). Der Firmansitz ist in London, weltweit ist die Firma mit 2.500 Beratern vertreten. In Deutschland beschäftigt die Kanzlei 550 Anwälte an sechs Standorten.
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