Insolvente Kaufhauskette: Bieterschlacht um Karstadt
Ver.di plädiert für den Verkauf der Kaufhauskette an Investor Berggruen, doch die besten Chancen hat wohl ein Konsortium, dem viele der Karstadt-Immobilien gehören.
Das Hoffen und Bangen der Beschäftigten der 120 Karstadt-Häuser geht weiter. Am Montag beriet erneut der Gläubigerausschuss über die Zukunft der maroden Warenhauskette. Laut Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg lagen Übernahmeangebote der deutsch-schwedischen Beteiligungsgesellschaft Triton, des Berliner Privatinvestors Nicolas Berggruen und des Immobilienfonds Highstreet vor. Die drei Bieter hätten ihre Offerten noch einmal nachgebessert. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe hatten sich die Gläubiger noch nicht auf eines der Angebote verständigt.
Zu Beginn der Sitzung in der Essener Karstadt-Zentrale sprach sich die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di für die Offerte von Nicolas Berggruen aus. Der Sohn des während der Nazidiktatur emigrierten Berliner Kunstsammlers und Mäzens Heinz Berggruen hat versichert, auf Zugeständnisse der Mitarbeiter zu verzichten. Für ihn sprächen zudem die Nachhaltigkeit des Investments und die Finanzierbarkeit des geplanten Engagements, sagte eine Ver.di-Sprecherin.
In Branchenkreisen wurden allerdings weiterhin Highstreet die besten Chancen eingeräumt. Das von Goldman Sachs geführte Konsortium, an dem auch die Deutsche Bank sowie die italienischen Unternehmen Borletti, Generali und Pirelli beteiligt sind, besitzt 86 der 120 von Karstadt genutzten Immobilien und ist damit zugleich einer der Hauptgläubiger. Die Highstreet-Offerte soll zwar keine gravierenden Einschnitte bei den Arbeitsplätzen und Standorten enthalten, allerdings müssten die Beschäftigten mit einer Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit von 37,5 auf 39,5 Stunden ohne Lohnausgleich rechnen. Im Gegenzug könnten sie am Unternehmen beteiligt werden, heißt es.
Aus dem Rennen scheint Triton zu sein. Die deutsch-schwedische Beteiligungsgesellschaft verlangt gleichermaßen Mietreduktionen von den Vermietern sowie weitere finanzielle Einschränkungen der Mitarbeiter. Dafür hat Triton versprochen, in den nächsten fünf Jahren insgesamt 500 Millionen Euro zu investieren. Ein weiteres Angebot, das kurzfristig von einem russischen Konsortium eingereicht wurde, war nach Angaben des Insolvenzverwalters nicht vollständig.
Nach den Planungen Görgs soll nach einer Entscheidung der Gläubiger spätestens am Mittwoch ein Kaufvertrag unterzeichnet werden. Am Donnerstag könnte dann das Amtsgericht Essen den Insolvenzplan für Karstadt absegnen. Falls er nicht in Kraft treten kann, droht dem Traditionsunternehmen die Zerschlagung. Für diesen Fall steht bereits die Düsseldorfer Metro-Gruppe in den Startlöchern. Die Muttergesellschaft des Warenhauskonkurrenten Kaufhof würde gerne 45 bis 60 Karstadt-Filialen sowie die 27 Karstadt-Sport-Häuser übernehmen. Rund 7.000 der 25.000 Karstadt-Mitarbeiter würde dann der Verlust ihres Arbeitsplatzes drohen.
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