Insel-Verlag meldet Insolvenz an: Rilkes Altersheim geht das Geld aus
Nach dem Suhrkamp Verlag ist nun auch die für Klassiker-Editionen zuständige Unternehmenstochter zahlungsunfähig. Das Geschäft soll normal weiterlaufen.
BERLIN dpa | Im Streit um den Suhrkamp Verlag hat der zum Traditionshaus gehörende Insel Verlag, eine wichtige verlegerische Heimat der großen Klassiker, Insolvenz angemeldet. Der Schritt sei eine rechtlich zwingende Folge des Antrags, den Suhrkamp Ende Mai gestellt hatte, sagte Verlagssprecherin Tanja Postpischil am Dienstag in Berlin. Sie bestätigte damit einen Bericht der Tageszeitung Die Welt.
Das Geschäft des 1899 gegründeten Insel Verlags, in dem viele bedeutende Werke der Literatur unter anderem von Shakespeare, Tolstoi und Rilke sowie von Suhrkamp-Autoren veröffentlicht werden, laufe normal weiter. Insel habe keine eigenen Mitarbeiter; Suhrkamp und Insel seien eng verflochten, so dass der Insolvenzantrag in Eigenverwaltung für den Insel Verlag unausweichlich gewesen sei, sagte Postpischil.
Der Antrag, der bereits am 3. Juni gestellt wurde, ist ein weiteres Kapitel im Kampf zwischen Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz und dem Minderheitsgesellschafter Hans Barlach. Suhrkamp hatte Anfang Juni beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg ein sogenanntes Schutzschirmverfahren beantragt, um unter anderem die Auszahlung von 2,2 Millionen Euro als Gewinnausschüttung an Barlach auszusetzen. Eine Auszahlung hätte nach Suhrkamp-Darstellung die Zahlungsunfähigkeit zur Folge gehabt.
Mit dem Insolvenz-Schutzschirmverfahren können Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt werden, ohne die Geschäfte einem Insolvenzverwalter zu überlassen. Der Vorstand kann das Unternehmen weiter verantwortlich lenken. Ein Sachwalter wird dem Vorstand zur Seite gestellt, der einen Sanierungsplan ausarbeiten kann.
Barlach hat inzwischen auf eine Ausschüttung verzichtet, allerdings nur für eine begrenzte Zeit. Er betrachtet aber das Szenario einer Überschuldung Suhrkamps als „rechtsmissbräuchlich konstruiert“. Bereits Ende Mai hatte Frank Kebekus, der als Suhrkamp-Generalbevollmächtigter die Sanierung steuert, nicht ausgeschlossen, dass auch für die Verlagstöchter Insolvenz beantragt werden müsse. Zur Verlagsgruppe gehören neben Insel auch der Deutsche Klassiker Verlag, der Jüdische Verlag und der Verlag der Weltreligionen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten