Insekten gegen Dengue-Fieber: Gentech-Moskitos fliegen gen USA
Gegner nennen die Tiere „Frankenstein-Insekten“. Nach Einsätzen etwa in Brasilien sollen sie nun in Florida ausschwirren. Einwohner protestieren.
BERLIN taz | Noch in diesem Frühjahr könnten in Key West in Florida genmanipulierte Moskitos der Firma Oxitec zur Bekämpfung des Dengue-Fiebers freigesetzt werden. Das britische Biotech-Unternehmen hofft auf eine Genehmigung durch die US-Behörden noch in diesem Jahr, bestenfalls schon in den nächsten Monaten. Dann sollen in Schüben von drei Freisetzungen pro Woche Millionen High-Tech-Moskitos der Art Aedes aegypti auf die Wildpopulation derselben Mücke losgelassen werden. „Die genaue Zahl kann ich Ihnen nicht nennen“, sagte Oxitec-Sprecherin Chris Creese der taz. Das werde vom Erfolg der Freisetzungen abhängen, der ständig geprüft werde.
Die ausschließlich männlichen Gentech-Moskitos besitzen eine „eingebaute Sterblichkeit“ für ihre Nachkommen. Die Männchen aus dem Labor sollen sich mit den wilden Weibchen paaren, die Nachkommen sterben dann im Larvenstadium ab. Auf diese Weise könnte die Zahl der Stechmücken, die als Hauptüberträger für das weltweit zunehmende Dengue-Fieber gelten, stark verringert werden.
Zuvor waren bei ähnlichen Experimenten in Brasilien, Malaysia und auf den Kayman-Inseln 70 Millionen der von Gentech-Gegnern auch Frankenstein-Moskito genannten Stechmücken freigesetzt worden. In den Aussetzungszonen soll die Zahl der Mücken nach Aussagen von Oxitec vorübergehend um 90 Prozent zurückgegangen sein. Um die Plage einzudämmen, müssen die Killermücken gegenüber den natürlichen Männchen zahlenmäßig die Überhand gewinnen. Auch in Indien und anderen Ländern sind Freisetzungen geplant.
Für die asiatische Tigermücke – ein anderer Blutsauger, der Dengue übertragen kann – ist in der britischen Biotech-Firma ebenfalls ein todbringender Mutant in Arbeit. Und in Italien wird derzeit nach heftigen Ernteverlusten der Olivenbauern durch Olivenfruchtfliegen dort der Einsatz von Gentech-Fliegen diskutiert, bislang allerdings ohne Akzeptanz.
Oxitec wirbt damit, dass seine Killer-Mücken umweltfreundlich und billig seien. So könne der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln reduziert werden.
Petition gegen die Mücken
Die Gegner überzeugt das nicht: In Florida haben 150.000 Anwohner eine Petition gegen die Freisetzungen unterzeichnet. Die Angst ist groß, dass ein Stich der Gentech-Mücken für den Menschen gefährlich sein könne. Da bei den Moskitos nur die Weibchen stechen und Blut saugen, scheint die Gefahr zwar überschaubar, die größeren Weibchen im Genlabor werden frühzeitig per Hand aussortiert. Doch dabei könnten einzelne Exemplare übersehen werden. Das wird auch von Oxitec nicht ausgeschlossen.
Die Firma sieht dennoch kein Risiko, dass durch Stiche gentechnisch veränderte Eiweißstrukturen in den menschlichen Blutstrom gelangen könnten. Und wenn doch, wäre dies nicht gefährlich, heißt es. Phil Lounibos, Experte für Moskito-Kontrolle am Florida Medical Entomology Laboratory, sagt dagegen, die Technologie sei noch nicht ausreichend erforscht, man bewege sich „in der Grauzone“. Auch bei vergangenen Oxitec-Tests hatten Gentech-Kritiker starke Bedenken geäußert. So sei etwa nicht absehbar, wie sich das Aussetzen der gentechnisch veränderten Oxitec-Moskitos auf ihre Fressfeinde und das gesamte Ökosystem auswirke.
Christof Potthof vom Genethischen Netzwerk Berlin moniert vor allem die mangelnde Transparenz der bisherigen Freisetzungen. Es habe keinen öffentlichen Begutachtungsprozess, keine vernünftige Risikobewertung und keine ausreichende Information der lokalen Bevölkerung gegeben. Auch das Monitoring bleibe Oxitec überlassen, dessen Erfolgszahlen aber niemand überprüfen könne. Zudem: Hygiene und Aufklärung seien die besten Mittel im Kampf gegen Moskitos.
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