Innenpolitische Querelen im Iran: Sieg für Chamenei

Der Konflikt um einen Minister offenbart den Kampf zweier Linien im konservativen Lager. Ahmadinedschad kommt gegen den Revolutionsführer nicht an.

Hat elf Tage geschmollt: Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad. Bild: reuters

BERLIN taz | Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad hat, nachdem er elf Tage lang verschwunden war, am Sonntag seine wieder Arbeit aufgenommen. Es war eine Kapitulation vor Revolutionsführer Ali Chamenei. Zu Beginn der Kabinettssitzung, die Ahmadinedschad leitete, erklärte er seine uneingeschränkte Loyalität zum System der Welayat-e Faghieh, der absoluten Herrschaft der Geistlichkeit. Er werde sich bis zu seinem letzten Atemzug daran halten.

Der Konflikt war ausgebrochen, als Ahmadinedschad den Rücktritt seines Geheimdienstministers, Heydar Moslehi, angenommen hatte, dieser aber wenige Stunden später auf Befehl Chameneis in sein Amt zurückkehrte. In dem Schreiben Chameneis an den Minister hieß es: "Ich möchte, dass Sie nach wie vor mit demselben Eifer Ihren Dienst fortsetzen und es nicht zulassen, dass diese wichtige Institution geschwächt wird."

Ahmadinedschad ignorierte zunächst die Erniedrigung und lud Moslehi zur nächsten Kabinettssitzung nicht ein. Damit sahen die Gegner Ahmadinedschads im konservativen Lager ihre Stunde gekommen. 216 Abgeordnete im Parlament forderten ihn auf, "klar und unmissverständlich seine Loyalität zu dem Minister" zu erklären. "Aus der Sicht des Parlaments ist Moslehi nach wie vor Geheimdienstminister", hieß es in der Erklärung.

Chamenei warnte vor Einmischung

Auch Chamenei warnte, er werde sich, wenn nötig, in die Angelegenheiten der Regierung direkt einmischen. Entscheidend für das Volk und den Revolutionsführer sei, dass die Pflichten wahrgenommen würden. In dem vorliegenden Fall sei eine "wichtige Zweckmäßigkeit ignoriert worden", sagte Chamenei.

Die reumütige Rückkehr Ahmadinedschads in sein Amt wird den Konflikt nicht beenden. Denn es geht um weit wichtigere Dinge als um einen Minister. Hintergrund ist letztendlich der Kurs der Regierung Ahmadinedschads, der auf eine Islamische Republik ohne den konservativen Klerus hinsteuert. Offenbar haben Ahmadinedschad und seine Anhänger festgestellt, dass der politische Islam als Staatsideologie im Lauf der Jahre, insbesondere seit den Unruhen von 2009, seine Legitimation verloren hat.

Sie hoffen, durch einen national orientierten Kurs zumindest einen Teil der Mittelschicht zu mobilisieren. Der neue Kurs richtet sich nicht gegen den Islam, er ist vielmehr eine Kombination zwischen Nationalismus und Religion. "Iranischer Islam", heiß der neue Begriff, mit dem ein iranisch geprägter Islam durchgesetzt werden soll.

Die Regierung behauptet auch, einen direkten Draht zu dem islamischen Messias, dem verschwundenen Imam Mahdi, zu haben. Ihre Aufgabe sei, seine Rückkehr vorzubereiten. Aus dieser Sicht bleibt für die konservative Geistlichkeit, die sich als Vermittler zwischen Gott und seinen Schafen betrachtet, keine Funktion. Zudem ist die Geistlichkeit entschieden gegen jede Form des Nationalismus, denn aus ihrer Sicht ist der Islam eine Weltreligion und an keine Nation gebunden. Die Großajatollahs und ihre Anhänger sprechen von einem "verderblichen Kern", der sich in der Regierung gebildet habe. Beim ersten offenen Schlagabtausch kann der Klerus erst einmal einen Punkt für sich verbuchen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.