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Innenminister testet Körperscanner"Hat gar nicht wehgetan"

Innenminister Thomas de Maizière hat im Hamburger Flughafen den bundesweit ersten Körperscanner getestet. Doch das Gerät wollte ihn nicht durchlassen: zu gefährlich. Ein Ortstermin.

Ob bald alle Fluggäste so genervt gucken? Innenminister Thomas de Maizière. Bild: dpa

HAMBURG taz | Montagmorgen um acht. Es nieselt und der Hamburger Flughafen döst vor sich hin. Am Terminal 1 sind seit Montag zwei Körperscanner vom Typ ProVision ATD aufgebaut und einsatzbereit. Sie erinnern an einen gläsernen Fahrstuhl. Aufkleber mit blauen Strichmännchen, die ihre Beine spreizen und die Fingerspitzen über dem Kopf zusammenführen, sind auch schon da. Ebenso Aufsteller mit der Aufschrift "Ab dem 27. September findet ein freiwilliger Test mit Körperscannern statt".

Aber da die Scanner, die nicht nur Metallwaffen, sondern auch Sprengstoff, Keramikmesser oder versteckte Flüssigkeiten sichtbar machen können, bundesweit die ersten sind, werden sie nicht einfach in Betrieb genommen. Da braucht es einen großen Bahnhof: den Bundesinnenminister und viel Presse. Thomas de Maizière (CDU) fliegt mit dem Hubschrauber zur Pressekonferenz mit anschließendem Fototermin im Scanner ein.

Seine Botschaft ist klar: Die Körperscanner sind wichtig für die Sicherheit im Flugverkehr, sonst wäre ich ja nicht hier. Und die Geräte sind weder gesundheitsgefährdend, noch verletzen sie die Intimsphäre. Würde ich mich sonst da reinstellen?

Über diese Punkte wird gestritten, seit die EU-Kommission 2008 beschlossen hatte, das Gesamtkörperscanning EU-weit als Mittel der Fluggastkontrolle zuzulassen. Der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) versicherte noch, "dass wir diesen Unfug nicht mitmachen". Aber seitdem wurde nachgebessert, sagt de Maizière.

Die in Hamburg eingesetzten Geräte für den sechsmonatigen Feldversuch arbeiten nicht mehr mit Röntgenstrahlung, sondern ähnlich wie eine hochauflösende Wärmebildkamera. "Nicht nur gesundheitlich unbedenklich, sondern auch die Persönlichkeitsrechte sind in keiner Weise gefährdet", sagt der Innenminister. Und schreitet zum Selbstversuch.

Der Pressetross postiert sich hinter einem der beiden Scanner. Das Szenario erinnert ein wenig an den Gang eines Boxers in den Ring. Fehlt nur das Schütteln der erhobenen Faust. Stattdessen schüttelt de Maizière dem Kontrolleur am Scanner die Hand, streift sein Sakko ab, steigt in den Scanner und nimmt die Haltung ein, die der blaue Strichmännchenaufkleber vorgibt: Beine gespreizt, Hände über dem Kopf. De Maizière steht in der Kabine, wie ein Kopierer in Scheibenwischerform dreht sich der Scanner um ihn.

Nach drei Sekunden kommt de Maizière auf der anderen Seite heraus und zeigt auf den angeschlossenen Monitor. Darauf sind zwei Piktogramme mit weißen Quadraten zu sehen: potenziell gefährliche Gegenstände, die im späteren Betrieb zu einer Nachkontrolle führen würden. Als potenziell gefährliche Gegenstände werden auch künstliche Darmausgänge oder Windeln angezeigt, hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar vorab kritisiert. De Maizières Quadrate: sein Handy und seine Uhr.

Insgesamt viermal steigt er in den Scanner, stellt sich viermal neben dem Monitor auf und wartet viermal vergebens auf einen grünen Monitor. Der soll zu sehen sein, wenn der gescannte Fluggast sauber ist.

"Kinderkrankheiten", sagt de Maizière. Noch schlagen die Geräte also eher zu oft als zu selten an. Der Praxistest soll diese Probleme beheben. "Hat gar nicht wehgetan", sagt er noch. Und verschwindet wieder gen Hubschrauber.

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14 Kommentare

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  • 1
    1984

    Wenn man mal überlegt, dass der Nacktscanner mal eine Verschwörungstheorie im Internet war.

     

    Ich geh´jetzt noch ein paar VT´s lesen, damit ich auf dem Laufenden bin.

  • RR
    Robert R

    Man kann davon ausgehen, dass die Roh-Bilddaten wie von "stabil" beschrieben gespeichert werden. Anders kann man die Ergebnisse des Systems schließlich nicht überprüfen und verbessern.

     

    Ansehen werden sich die Bilderchen Computer-Freaks. Mal schauen, wann welche im Netz auftauchen.

  • A
    aike

    Naiv wer glaubt das in unserer von "terror" geplagten welt solche "wertvolle" information nicht gespeichert wird !

    warum sollte man auch nicht ? ist ja alles zu unserem eigenem schutz ... ?!

  • RJ
    Ralf Josephy

    Die Anschaffung eines US amerikanischen Systems ist für deutsche Hersteller, die nicht in der Lage sid Piktogramme abzubilden eine Blamage. Das BSI und das BKA haben jahrelang vergessen, dass sich die Bevölkerung Nacktfotos in Beamtenhänden nicht bieten läßt.

  • H
    Hagbard

    So so, auch hier in der TAZ heißen die vormals als Nacktscanner bezeichneten Geräte jetzt Körperscanner. Auch fehlt jeder Hinweis auf den Hersteller, was diese Geräte kosten, wer davon am meisten profitiert. Bitte etwas kritischer liebe TAZ Redakteure.

  • K
    klaus

    Thomas de Maizière sollte ein Vorbild für Mappus sein,

    der den ultimativen Wasserwerfer- und Pfefferspray-Test

    machen sollte!

  • T
    Tom

    Grade in Hamburg. Dort hat mir ein Beamter bei der Kontrolle erklärt, dass er es geniesse, Menschen ganz genau abzutasten.

     

    Und so was soll sich nun immer wieder schön an unseren Bilder ergötzen dürfen?

     

    By the way: auf meine schriftliche Beschwerde nach diesem Vorfall meinte die Bundespolizei nur, dass es nicht zum Trainingsprogramm der Screener gehören würde, sich an Reisenden zu vergehen...

  • S
    Sara

    Natürlich wäre eine Überwachung wie es bei der El Al passiert für jeden Flughafen das Allerbeste. Aber leider zu teuer. Die Sicherheit muss einfach höchste Priorität haben! Da darf keiner mit der Kostenfrage kommen.

     

    Die Körperscanner sind auf jeden Fall ein Weg in die Richtige Richtung!

  • RK
    Ralf Kurzyna

    "Doch das Gerät wollte ihn nicht durchlassen: zu gefährlich."

     

    Da ist sehr viel Wahres dran...

  • B
    Boiteltoifel

    Tut gar nicht weh, wenn ich meine Damenbinde zeigen muß, damit der Scanner mich freigibt...

  • I
    ich

    .... hat meine kleine NIchte auch gesagt, als sie 4 geworden ist....

  • S
    stabil

    Augenwischerei.

    "Die Persönlichkeitsrechte sind in keiner Weise gefährdet"

     

    Dazu muss man folgendes bedenken:

    1. findet die Abstrahierung des Wärmebildes hin zu den Strichmännchen in Software statt. Das hochauflösende Wärmebild welches u.a. sehr deutliche Abbildungen von Geschlechtsteilen liefert (die in früheren Berichten von Testgeräten zu sehen waren), wird nach wie vor erstellt und liegt im Gerät vor. Es ist nicht klar, wie dieses Rohmaterial gegen unbefugten Zugriff (als JEDEN) gesichert werden soll. Wenn schon nicht die Zoll- oder Grenzbeamten direkten Zugriff auf die Technik haben, so findet dieser Zugriff jedoch regelmäßig bei Wartungen statt. Wer überprüft und bestätigt zweifelsfrei, dass in den Geräten keine Speicherelemente eingebaut sind und zu Wartungsintervallen ausgelesen werden. Weiß man bspw., dass an einem bestimmten Scanner zu einem bestimmten Zeitpunkt eine besonders interessante Person geprüft wurde, kann man somit ggf. kompromittierendes Material erhalten.

     

    2. werden die Geräte durch Menschen bedient. Nun werden an Zoll- und Grenzbeamte sicher hohe ethische und moralische Anforderungen gestellt. Jedoch bleiben auch sie Menschen. Mit all den Schwächen und Fehlern die Menschen haben können. Menschen können dazu verleitet werden, von den abstrahierten Bildern auf den Monitoren Fotos zu machen und diese selbst zu speichern. Wie die Bedenken von Herrn Schaar zeigen, bieten selbst die abstrahierten Bilder mitunter pikante Einsichten in die Privatsphäre von Menschen. Bei bestimmten Personen können solche Erkenntnisse für Dritte u.U. wertvoll sein.

     

    Dass Bilder hoheitlich oder unbefugt gespeichert werden können ist verbrieft: hxxp://is.gd/fvPR4 und hxxp://is.gd/fvQ1W

     

    Die Frage ist: Vertraut man dem Hersteller des Gerätes (den man persönlich nicht kennt) und vertraut man den bedienenden Beamten (die man ebenso wenig persönlich kennt)?

    Und welche Auswirkungen wird es haben, wenn die Bedienung der Geräte an private Sicherheitsdienstleister outgesourct wird? Siehe u.a. hxxp://othes.univie.ac.at/11118/

  • FN
    Felix Nagel

    Ich freu mich schon auf den ersten Fall, bei dem bei einem der unterbezahlten "Sicherheitsangestellten" eine nette Sammlung von Nacktscanner-Pornografie gefunden wird. Das wird ein Fest!

  • B
    bumm

    na toll, und demnächst trinkt Röttgen ein Glas Wasser aus einem Reaktorbecken und meint freudestrahlend "Hat gar nicht wehgetan"...