Innenminister streiten über Bleiberecht: "Abschiebung auf die Müllkippe"
Die SPD will einer Bleiberechts-Übergangsregelung nicht zustimmen. Nun sucht man einem Kompromiss. Mittwochabend waren tausende Menschen für ein umfassendes Bleiberecht auf die Straße.
BREMEN taz | In der Bleiberechtsdiskussion haben sich bei der Innenministerkonferenz in Bremen die Fronten zwischen Union und SPD verhärtet. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) schloss am Donnerstag eine Einigung auf eine Übergangslösung für zwei Jahre aus.
"Die SPD ist nicht bereit, sich auf die Unionslinie mit einer zweijährigen Verlängerung einzulassen", sagte Körtings Sprecherin. Die Sozialdemokraten würden an ihrer Forderung nach einer endgültigen Lösung festhalten. Es müsse nun bis Freitag eine Kompromissformel gefunden werden.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), hatte zuvor eine schnelle Einigung mit der CDU in Aussicht gestellt. Ähnlich hatte sich der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) geäußert.
Nach der geltenden Bleiberechtsregelung können langjährig Geduldete in Deutschland bleiben, wenn sie bis zum Ende des Jahres unter anderem einen festen Arbeitsplatz nachweisen können. Über 30.000 Betroffene konnten dies bislang nicht. Ihnen droht der Rückfall in die Duldung und damit möglicherweise die Abschiebung. Für sie sucht die Innenministerkonferenz nun nach einer Lösung.
Flüchtlingsverbände kritisierten eine bloße Verlängerung der Regelung. Das sei "Murks", kritisierte am Donnerstag "Pro Asyl"-Bundesvorstandsmitglied Volker Maria Hügel. "Durch viele Ausschlussgründe hatte ein großer Teil der Flüchtlinge von vornherein keine Chance, unter die Bleiberechtsregelung zu fallen."
Hügel forderte ein Bleiberecht für jeden, der fünf Jahre in Deutschland lebt, unabhängig von einem Stichtag. Er kritisierte insbesondere, dass traumatisierte, alte und kranke Flüchtlinge nur dann bleiben dürften, wenn jemand für sie den Lebensunterhalt und die Krankenversicherung bezahle.
Besonders problematisch sei zudem die Abschiebung von Roma-Flüchtlingen in das Kosovo: "Das ist nichts anderes als eine Abschiebung auf die Müllkippe." Roma-Vertreter Berisa Djevdet ergänzte, in Kosovo gebe es für Flüchtlinge aus seiner Volksgruppe kein Leben in Sicherheit und Würde.
Am Mittwochabend hatten rund 2.000 Menschen aus ganz Deutschland in Bremen für ein umfassendes Bleiberecht für Geduldete demonstriert. Weil wesentlich mehr Menschen als erwartet zu der Protestaktion gekommen waren, verbot die Polizei kurzfristig die vereinbarte Demonstrationsroute durch die Innenstadt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos