Innenminister de Maizière zur Islamkonferenz: "Das ist ein Dialogangebot"
Innenminister de Maizière verteidigt sein Konzept für die Islamkonferenz gegen Kritik muslimischer Verbände. Es diene dazu, Ansätze praktisch umzusetzen.
taz: Herr de Maizière, die Islamkonferenz leistet keinen nachhaltigen Beitrag zur Integration von Muslimen, meint der Zentralrat der Muslime und will nicht teilnehmen. Müssen Sie Ihr Konzept überdenken?
Thomas de Maizière: Das Konzept, was ich vorgeschlagen habe, ist ein Dialogangebot. Es dient dazu, die wichtigen Ergebnisse der ersten Phase der Islamkonferenz praktisch und erfahrbar zu machen. Deshalb wundert mich die Kritik. Aber wenn weitere Themen diskutiert werden sollen, können wir das gerne tun.
Die Verbände vermissen etwa die Themen Islamfeindlichkeit und Rassismus. Sie beklagen, dass sie nicht in die Vorbereitungen einbezogen wurden.
Dazu kann gerne auch gesprochen werden. Auch wenn ich es nicht so sehe, dass unser Land von Islamfeindlichkeit durchdrungen ist.
Nicht nur die muslimischen Verbände, auch ehemalige Mitglieder der Islamkonferenz wie die Schriftsteller Navid Kermani und Feridun Zaimoglu kritisieren Ihr Vorgehen: Das sei kein Dialog, sondern ein Diktat. Verstehen Sie die Kritik?
Nein, das tue ich nicht. Mein Konzept ist - wie gesagt - ein Dialogangebot. Ich hätte mich allerdings gefreut, wenn Herr Kermani oder Herr Zaimoglu meiner Einladung gefolgt wären, um über das neue Konzept zu sprechen. Ich bin jedenfalls froh und dankbar, dass die anderen muslimischen Einzelpersonen der ersten Runde sehr viel Verständnis für die Neubesetzung hatten und mir als Berater weiterhin zur Verfügung stehen.
Thomas de Maizière, 56 Jahre, ist Bundesinnenminister. Der Jurist übernahm den Posten im Oktober 2009 nach dem Wahlsieg der schwarz-gelben Koalition. Davor leitete er das Bundeskanzleramt.
Konferenz: Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Islamkonferenz inhaltlich und personell erneuern. Er hat zehn nicht in Verbänden organisierte Muslime ausgetauscht und den Islamrat suspendiert. Weil gegen Repräsentanten des Mitgliedsvereins Milli Görüs ermittelt wird, könne er sich mit dem Islamrat nicht an einen Tisch setzen, sagt de Maizière.
Kritik: Die drei muslimischen Verbände, die mit dem Islamrat den Koordinierungsrat der Muslime (KRM) bilden, kritisieren das scharf. Auch die personelle Zusammensetzung und die inhaltliche Festlegung gefallen ihnen nicht.
Hin-und-Her: Die KRM-Verbände gehen nicht geschlossen vor. Die Türkische Islamische Union Ditib und der Verband der Islamischen Kulturzentren wollen an diesem Mittwoch an einem Vorbereitungstreffen teilnehmen - der Zentralrat der Muslime will das nicht.
Sie haben den Islamrat von der Islamkonferenz suspendiert, der Zentralrat knüpft seine Teilnahme an Bedingungen, die Türkisch-Islamische Union Ditib und der Verband der Islamischen Kulturzentren erwägen das Fernbleiben. Macht die Konferenz ohne wichtige muslimische Verbände Sinn?
Soweit sind wir ja nicht. Es gibt Debatten in den Verbänden, die sind verständlich. Meine Entscheidung, den Islamrat bis zur Klärung der Vorwürfe nicht teilnehmen zu lassen, bleibt unverändert, schließlich sind die Gründe dafür gewichtig. Die anderen Verbände sind herzlich eingeladen.
Der Zentralrat will erst nach einem Gespräch mit Ihnen noch mal über seine Teilnahme nachdenken. Werden Sie auf die Forderung eingehen?
Wenn sie zu dem Vorgespräch an diesem Mittwoch kommen, will ich gerne zeitnah ein Gespräch mit ihnen führen.
Im Umkehrschluss heißt das: Bleibt der Zentralrat fern, gibt es auch kein Gespräch?
Ich habe ein deutliches Angebot gemacht!
Sie haben den Islamrat ausgeladen, weil gegen führende Repräsentanten des Mitgliedsverbands Milli Görüs ermittelt wird. Nun wird gegen ein einflussreiches Mitglied der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland, die zum Zentralrat gehört, in derselben Sache ermittelt. Warum haben Sie den Zentralrat wieder eingeladen?
Es würde den Beginn der Islamkonferenz nicht fördern, wenn ich darüber im Einzelnen etwas sage. Ich glaube, die Abgrenzung, die ich vorgenommen habe, ist vertretbar. Jetzt ist es an der Zeit, dass man miteinander und nicht mehr übereinander redet. Die Islamische Gemeinschaft dominiert nicht in gleicher Weise den Zentralrat wie dies bei Milli Görüs und dem Islamrat der Fall ist. Zudem haben sich bei der Islamischen Gemeinschaft auch Veränderungen in der Führungsstruktur ergeben. Der Zentralrat vertritt zudem auch bosnische oder schiitische Muslime, die ansonsten nicht mehr mittelbar an der Islamkonferenz beteiligt wären. Vertreter des Zentralrats haben sich in der Vergangenheit konstruktiv und kompromissbereit an der Arbeit der Islamkonferenz beteiligt.
Eines der drei großen Themen soll der islamische Religionsunterricht sein. Dazu hat die erste Islamkonferenz Empfehlungen erarbeitet, die Einführung ist Ländersache. Was soll dabei noch herauskommen?
Natürlich sind für eine Reihe von Umsetzungen Länder und Kommunen zuständig, deshalb wird deren Beteiligung aufgestockt. Aber ich fände es schade, wenn so große Projekte wie der islamische Religionsunterricht oder die Ausbildung von Imamen allein einzelnen Ländern überlassen würde. Auch der Wissenschaftsrat hat dazu eine wichtige Empfehlung gegeben, und die Umsetzung sollten wir gemeinsam besprechen. Wir brauchen - bei Wahrung der Zuständigkeiten in all diesen Fragen nicht weniger, sondern mehr Dialog.
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