Inklusion: Behinderte Kinder müssen warten
Im neuen Haushalt gibt es kein Geld für zusätzliche Sonderpädagogen, weil die SPD andere Prioritäten hat. Die CDU findet das nicht schlimm.
Die ersten Opfer des Sparhaushalts von Rot-Schwarz sind die behinderten Kinder. Für ihre Integration in die Regelschulen gibt es im Doppelhaushalt 2014/15, der am Dienstag vom Senat beschlossen werden soll, weit weniger Geld als ursprünglich von Senatorin Sandra Scheeres (SPD) geplant. Im Plenum des Abgeordnetenhauses musste sie jüngst zugeben, dass die von ihr angekündigten 300 zusätzlichen Sonderpädagogen frühestens 2016 kommen. Beim Koalitionspartner macht man dafür nicht nur Geldknappheit, sondern auch inhaltliche Differenzen verantwortlich: „Noch gibt es gar kein abgestimmtes Konzept in der Koalition“, sagte die schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Hildegard Bentele, am Freitag der taz.
Inklusion als Tauschopfer
Senatorin Scheeres hatte im Februar die Vorschläge eines Beirats vorgestellt, wie Berlin die Integration behinderter Kinder in den normalen Schulalltag vorantreiben könnte. Dies schreibt die UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen eigentlich vor. Ein zentraler Punkt der Empfehlungen war die Abschaffung der externen Diagnose von lern- und verhaltensauffälligen Kindern, den sogenannten LES-Kindern. An den Diagnosen hängt bislang die Zuteilung von Geld für sonderpädagogische Förderung. Stattdessen sollen die Schulen je nach sozialer Zusammensetzung ihrer Schüler pauschal Mittel bekommen. Diese Pläne waren von Eltern- und Behindertenverbänden scharf kritisiert worden.
Auch die CDU sehe die Abschaffung der LES-Diagnose skeptisch, so Beutele. Was den Finanzbedarf der Schulsenatorin angeht, wies sie darauf hin, dass die SPD im Schulbereich gerade ein zweites Projekt initiiert habe. Nach dem Willen von SPD-Fraktionschef Raed Saleh sollen 207 Problemschulen mehr Geld erhalten – rund 15 Millionen Euro jährlich. „Der Koalitionspartner muss selber sehen, wo es hingehen soll“, so die CDUlerin.
Auch die bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei, Regina Kittler, bedauert, dass die Inklusion offenbar der Zusatzförderung der Brennpunktschulen zum Opfer gefallen sei. „Und ob es dann 2016 klappt, kann man nicht sicher sein.“
Für die Vorsitzende des Beirats, Sybille Volkholz, ist das Ganze kein Drama. Die Schulen könnten doch Geld aus dem Brennpunktprogramm für die Inklusion beantragen. „Aber man hätte das besser absprechen können von Salehs Seite“, meint auch Volkholz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“