Initiativen gegen Rot-Schwarz: Mieter helfen auf die Sprünge
Wenn SPD und CDU am Dienstag über die Themen Stadtentwicklung und Mieten verhandeln, werden auch Betroffene vor Ort sein - und ein Dossier übergeben
"Wenn das so weitergeht, steht der Umzugswagen immer öfter vorm Kotti", sagt Sandy Kaltenborn. Er wohnt in einem der Wohnblocks am südlichen Kottbusser Tor und hat mit seiner Mieterinitiative vor kurzem eine Umfrage gestartet: Durchschnittlich 40 bis 50 Prozent des Einkommens zahlen die Mieter für ihre Wohnungen. Kaltenborn: "Hier brennt die Luft."
Die Mietergruppe vom Kotti ist eine von neun Betroffeneninitiativen, die am Dienstag die Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU begleiten wollen. Sie wollen den Unterhändlern zu Beginn ein Dossier überreichen. "Wir legen das denen auf den Tisch und fordern sie damit auf: Macht was", sagt Kaltenborn.
Ein Nachhilfebeispiel für SPD und CDU ist die Willibald-Alexis-Straße 34 im Kreuzberger Chamissokiez. Mehrfach hat der Gründerzeitbau in den vergangenen sieben Jahren den Eigentümer gewechselt. Dabei versechsfachte sich der Wert des Hauses - ohne, dass einer der Eigentümer investiert hätte. Für die SPD in Friedrichshain-Kreuzberg ein gutes Argument, die Erhöhung der Grunderwerbssteuer auf sieben Prozent zu fordern. Mit dieser Art "Finanztransaktionssteuer" gegen Immobilienspekulation wollen die SPD-Linken den Neubau von Wohnungen finanzieren.
Überschrieben ist das Mietendossier mit dem Titel "Ein Recht auf Stadt für alle". Und es ist in einem äußerst moderaten Ton verfasst. Offenbar entsteht neben den Mieterorganisationen und den eher linksradikalen Gruppierungen gerade eine pragmatische Protestbewegung, die der Politik auf die Finger schauen möchte. "Das Bündnis ist erstaunlich breit", sagt Sandy Kaltenborn. "Es reicht von Grünen und Autonomen bis zur CDU."
Breit ist auch die Themenpalette. Neben der Mietenexplosion im sozialen Wohnungsbau und der Spekulation wie in der Willibald-Alexis-Straße wollen die Aktivisten eine Anhebung der Sätze für die Kosten der Unterkunft und eine andere Politik der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft einfordern.
Gerade Letzteres dürfte bei den Koalitionären für Unruhe sorgen. Im Dossier berichten die Betroffenen von Mietpreistreiberei der Gewobag am Klausener Platz in Charlottenburg. Die Gewobag gehört zu ebenjenen landeseigenen Gesellschaften, die laut SPD mietpreisdämpfend wirken sollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“