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Initiative Neue Soziale MarktwirtschaftEigenwillige Interpretationsgabe

Der Lobbyverein INSM finanziert eine Journalistenreise. Eine Teilnehmerin sagt, sie gebe sich nicht für PR her und Medien wehren sich gegen eine unterstellte Kooperation.

Wurden von der INSM als "mögliche Interviewpartner" genannt: Bundeskanzerlin Merkel und Deutsche Bank Chef Ackermann. Bild: dpa

BERLIN taz | Miriam Janke wird freundlich empfangen. "Heute ist das Fernsehen da", wird sie vorgestellt, als sie die Behindertenwerkstatt im bayerischen Raupling betritt. Sie findet es "besonders spannend, dass der Betrieb Marktwirtschaft mit Sozialem" vereint und unterhält sich darüber mit Mitarbeitern und der Leiterin.

Zusammen mit zwei Kollegen reist Janke, 30, seit ein paar Tagen durch Deutschland. Die jungen Journalisten wollen erfahren, was die Menschen über die "Soziale Marktwirtschaft" denken. Die Beiträge sind online zu sehen.

Es ist aber kein Medienhaus, dass die Reise unter dem Titel "Deutschland 24/30" finanziert, sondern die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziert wird. Das hat für erheblichen Ärger gesorgt. Mehrere Medien wehren sich gegen die Behauptung, sie würden mit der neoliberale Lobbyorganisation kooperieren.

Im Kern geht es um ein Papier, das von der INSM zusammen mit der Stellenausschreibung verschickt wurde und das der Verein Lobbycontrol der Öffentlichkeit zugänglich machte. Darin heißt es: "Fernsehen (z.B. "Anne Will", "TTT"), verschiedene Radio-Stationen und Printmedien (Neon, Zeit, Bild) sowie lokale Radiosender berichten über die Aktion."

Die genannten Medien dementieren jegliche Zusammenarbeit. "So etwas würden wir nicht machen", sagte Neon-Chefredakteur Timm Klotzek der taz. Am Montag habe man eine Aufforderung zur Unterlassung an die INSM geschickt: "Ich gehe davon aus, dass sie schleunigst unterschreiben." Tobias Fröhlich, Sprecher von Bild, betont: "Selbstverständlich verwahren wir uns strikt dagegen, wenn der falsche Eindruck einer Zusammenarbeit erweckt wird." Man prüfe nun, ob weiterer Handlungsbedarf besteht. Ob der Zeit-Verlag rechtliche Schritte unternimmt, steht nach Aussage der Sprecherin Silvie Rundel noch nicht fest.

Dem NDR, der die Sendung "Anne Will" verantwortet, wurde bereits schriftlich versichert, dass die INSM nicht behauptet oder behaupten lässt, dass der Sender über die Kampagne berichtet, sagte Sprecher Martin Gartzke: "Für uns ist die Angelegenheit damit erledigt."

Den Journalisten, die sich für den Job bewarben, wurden als "mögliche Interviewpartner" illustre Persönlichkeiten aufgezählt, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, Schriftsteller Günter Grass und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Das Problem daran: Keiner hatte für ein Gespräch zugesagt.

INSM-Geschäftsführer Max Höfer tut sich schwer damit, Fehler einzugestehen. "Wir haben uns nichts vorzuwerfen", sagte er der taz. Es sei offensichtlich, dass in dem Papier, das lediglich ein internes Arbeitspapier sei, nur Ideen beschrieben würden. "Keiner der Bewerber glaubte ernsthaft, dass er nun für Neon Herrn Ackermann interviewen würde. Das ist doch lebensfern", sagte Höfer.

Von dem Papier distanzieren wolle er sich deshalb nicht, auch wenn er zugibt: "Einige Formulierungen hätten unmissverständlicher sein können". Höfer beweist zugleich eine etwas eigenwillige Interpretationsgabe. Mit dem Satz "Zum Abschluss der Aktion wird aus allen Beiträgen eine Reportage für Fernsehsender produziert" sei nicht gemeint, dass ein fertige Reportage Sendern angeboten werden soll. Man plane allenfalls, Sendern Bildmaterial anzubieten. Das solle dann selbstverständlich mit Quellenangabe verwendet werden.

"Deutschland 24/30"-Teilnehmerin Miriam Janke wehrt sich unterdessen gegen den Vorwurf, sie betreibe eine Vermischung von Journalismus und PR. "Ich gebe mich nicht für PR her", sagte sie der taz. "Das kann ich mir als freie Journalistin auch gar nicht erlauben." Der Auftrag sei ein rein journalistischer, in ihrem Vertrag sei festgeschrieben, dass die INSM nicht weisungsberechtigt ist. Die Arbeit mache ihr viel Spaß, sagt Janke. "Ich kann mich hier journalistisch austoben."

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10 Kommentare

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  • EB
    Ein Brandenburger

    Bevor sich hier noch mehr Kommentatoren an dem Namen Miriam Jahnke abarbeiten und ihr möglicherweise ungerechtfertig Nähe zur INSM und zur PR unterstellen, empfehle ich einen Blick in das Buch „Alpha Journalisten“ in dem ihr beruflicher Werdegang beschrieben ist.

     

    http://www.alpha-journalisten.de/html/autoren.html

     

    Es besteht immehin die Möglichkeit, daß es für sie ein Job wie jeder andere war.

     

    Laut Lobbycontrol erfolgte die Auswahl der Journalistinnen durch eine Castingagentur.

    Zitat:

     

    „Was ist aus der „guten alten Sozialen Marktwirtschaft“ geworden? Das fragt sich die von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanzierte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Um Antworten auf diese Fragen zu finden, schickt sie zur Zeit drei Reporter 30 Tage lang durch das Land, darunter eine „angehende Journalistin bis 25 Jahre“ und eine „erfahrene Journalistin bis 35 Jahre“. Interviewkompetent sollen sie sein, kameratauglich und stressresistent. So steht es zumindest im Kontaktschreiben der Castingagentur Weldy, das Lobbycontrol ebenso vorliegt wie das dazugehörige Infoblatt, das augenscheinlich von der INSM selber kommt.“

     

    Die Journalistinnen mussten also nicht zwangsläufig wissen, daß die INSM der eigentliche Arbeitgeber ist und ihre Tätigkeit für eine PR-Kampagne genutzt werden sollte.

  • J
    Jens

    Was in dem Artikel leider nicht gesagt wird: Miriam Janke hat bisher auch für die taz gearbeitet! Ein Blick in Archiv zeigt das sehr schnell.

     

    Eklig, wie man von einer freien Journalistin, die für die taz schreibt, plötzlich zu eine PR-Tante für die "Soziale Marktwirtschaft" werden kann.

     

    Da wurde wohl viel Geld geboten.

  • V
    vic

    Die INSM ist wie ein übler Pickel im Gesicht, den man einfach nicht los wird.

     

    "Soziale Marktwirtschaft" - sehr lustig...

    "Neue soziale Marktwirtschaft" - zynisch...

  • B
    Boris

    Wann sind das für arme Würstchen, die sich mit seichten Filmchen auf Johannes B. Kerner Niveau,

    im Dienste einer neoliberalen Lobbyorganisation

    prostituieren ?

    Da wird einem speiübel Frau Janke,Frau Bleich und Herr Oelert!

  • JM
    J. M. Keynes

    Etwas was mir bei den Neoliberalen schon lange auffällt: Die medienwirksamen Protagonisten kommen immer betont locker und vom Look etwas Hippiemässig daher- meist ohne Krawatte, ganz locker eben, casual gekleidet, mit einer Gestik, die zugleich unverkrampft und grosszügig wirkt... auch bei Anne Will dieser Versicherungsheini, der nebenbei noch Professor für Finanzwissenschaften ist, Bernd Raffelhüschen: Eigentlich ganz erstaunlich, welchen Schafspelz sich der Wolf da ausgesucht hat. Gibt es bei der INSM eigentlich einen Dress- und Verhaltenskodex oder vieleicht so etwas wie einen Art "Tarnanzug"?

  • NF
    Norman Frey

    @ Max Fuhlbrügge: Sicher, dass du hier den richtigen Artikel kommentierst?

  • S
    svepet

    " Der Auftrag sei ein rein journalistischer, in ihrem Vertrag sei festgeschrieben, dass die INSM nicht weisungsberechtigt ist."

    Wie Naiv hält sie die Menschen eigentlich?

    Die INSM ist nicht weisungsbefugt, weil es ja auch in Ihren Vertrag festgeschrieben steht.

    Als wenn man das noch groß in den Vertrag schreiben müsste, das die INSM eine bestimmte Richtung bekommen möchte.Liefert sie nicht wie gewünscht wird das Konsequenzen nach sich ziehen für sie, indem man ihr den weiteren Weg verbaut. Die Medien sind im großen und ganzen Gleichgeschaltet, außerdem Einfluss hat diese Lobbyisten Truppe genug.

    Gruß

    Svepet

  • A
    Axel

    Ein wenig mehr an Hintergrundinformationen zur INSM würde der taz gut stehen - ansonsten bewegt sich der Artikel leider auf focus-low-level-Informationsniveau.

    Der Internetbenutzer findet zwar Umfassendes und Erhellendesim Netz, aber auch ein taz-Redakteur könnte sich für einen Artikel zur INSM hinsichtlich Recherche und Inhalt etwas mehr journalistischer Mühe und Sorgfalt befleißigen.

     

    Bereits 2004 erschien von Rudolf Speth: Die politischen Strategien der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, daraus ein kurzer Auszug:

     

    "Dabei setzt die Wirtschaft auf einen langen Atem, viel Geld und PR-Profis. Mit rund 100 Millionen Euro finanzieren die Arbeitgeberverbände zunächst bis 2010 ihre INSM. Erfunden hat diese "PR-Maschine" 2000 die Agentur Scholz & Friends. Sie liefert mit rund 40 Mitarbeitern permanente Zuarbeit. Geschickte Lobbytätigkeit zielt über die Medien auf die Köpfe der Bevölkerung. Sie soll nach eigenem Bekunden "den Bürgern die Staatsgläubigkeit austreiben".

     

    "Die INSM bereitet das klimatische Fundament in der Öffentlichkeit, damit die Unternehmen anschließend ihre Interessen besser durchsetzen können", so Dr. Rudolf Speth, von der FU Berlin, der Autor der Studie. Um glaubwürdig zu wirken, kaschiert die INSM ihre Ziele, Struktur und Auftraggeber. Sie versuche als soziale Bewegung zu erscheinen. Die INSM nutzt geschickt ein Netzwerk prominenter Unterstützer wie etwa Oswald Metzger, Roland Berger, Dagmar Schipanski oder Ex-IBM-Chef Erwin Staudt und verwebt ihre Botschaften eng mit wissenschaftlichen Aussagen, etwa in Kooperation mit dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), zeigt die Studie."

    Die Studie erscheint in der Reihe "Arbeitspapiere" (Nr. 96) der Hans-Böckler-Stiftung

    Bei Wikipedia findet Mensch unter dem Stichwort ausführliche Informationen, u.a.:

    "Als wissenschaftlicher Berater fungiert das von Verbänden und Unternehmen der privaten Wirtschaft finanzierte Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Die INSM arbeitet mit dem Institut für Demoskopie Allensbach zusammen. Sie ist Mitglied im Stockholm Network, einer Dachorganisation marktwirtschaftlich orientierter Denkfabriken.

     

    Die INSM wird von ehrenamtlichen sogenannten „Kuratoren“, „Botschaftern“ und „Beratern“ unterstützt, auch von Mitgliedern aus verschiedenen politischen Parteien, namentlich der CDU, FDP und SPD. Die Ziele der INSM werden ebenfalls verfolgt durch den am 1. Juni 2005 gegründeten gemeinnützigen Förderverein Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft e.V.."

     

    Ebenfalls bei Wikipedia für den Hausgebrauch eine "Liste der Personen der INSM"

     

    Weiter Informationen im INSM-Watchblog:

    http://insmwatchblog.wordpress.com/

  • MF
    Max Fuhlbrügge

    Liebe Julia,

     

    türkisch-muslim hat mit seiner Aussage keine Klischees bestätigt, vielmehr hast du ihn mit deiner Aussage in ein gängiges Klischee gepresst.

    Er hat übrigens nicht nur einfach "keine Arbeit", sondern ist arbeitssuchend - das lernt man doch bei jedem Bewerbungstraining, dass das ein gewaltiger Unterschied ist ;-)

     

    Im Übrigen hat er recht; alle Menschen, die hier leben, bestimmen die Kultur in unserem Lande maßgeblich mit, und das ist gut so. Leider gibt es m.E. nicht wenige Menschen, die wie selbstverständlich die kulturelle Vielfalt in Deutschland genießen, um sich im nächsten Atemzug besorgt über kulturelle Überfremdung etc. zu äußern. Das ist das, was er mit Rassismus meint, auch wenn es hart klingt. Wenn ich überlege, wie viel ich überhaupt von dem bewahren wollte, was man zu Recht irgendwie als "typisch deutsch" bezeichnet, fällt mir die ANtwort mit Blick auf die deutsche Geschichte und "deutsche Tugenden" schwer. Kulturelle Vermischung kann Deutschland nur gut tun.

    Deshalb sollte es - auch in Bezug auf diesen TAZ-Artikel - allen, die das wollen, möglich sein, hier zu leben und ihre Meinung zu äußern - ohne Angst vor politischer Repression, ohne das Gefühl nur ein gedulteter Fremdkörper zu sein (wo ist "das Ganze??") und (@FRank Juschek) ohne als "mutmaßliche Terroristen" abgestempelt zu werden. Leider ist auch das Land in dem ich lebe weit von dieser Realität entfernt, aber wir alle können daran arbeiten.

  • A
    Andreas

    Miriam Janke ist definitiv keine Journalistin - das darf die taz ruhig schreiben, denn sie arbeitet eindeutig als PR-Journalistin.

    Warum sie das Gegenteil behauptet, ist sehr verwunderlich. Ein Toyota-Verkäufer sagt ja auch nicht er sei ein freier Verkaufsagent.

    Aber interessant ist natürlich, dass Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft soviel Geld in so eine Reise investiert. Das werden die ja nicht ohne Motiv und Erwartungshaltung machen.