piwik no script img

Ingrid Strobl-betr.: Offener Brief von Terre des Femmes zum Prozeß gegen Ingrid Strobl

Offener Brief von Terre

des Femmes zum Prozeß gegen Ingrid Strobl

Terre des Femmes ist eine Frauenrechtsorganisation, die weltweit frauenspezifische Menschenrechtsverletzungen wie Frauenhandel, Sextourismus, sexuelle Verstümmelung, Ausbeutung von Arbeiterinnen usw. bekämpft. Aus diesem Grunde unterstützen wir beispielsweise den Kampf der südkoreanischen Arbeiterinnen des Bekleidungsunternehmens Adler gegen menschenverachtende Arbeitsbedingungen. Unsere Solidaritätskampagnen und politischen Inhalte zählen für die Bundesstaatsanwaltschaft inzwischen zu den „anschlagsrelevanten Themen“ und fallen deshalb unter den § 129 a.

Der § 129 a stellt die Unterstützung, Werbung und Mitgliedschaft in einer sogenannten terroristischen Vereinigung unter Strafe. Derartige Tatbestände liefern den Richtern einen weiten Spielraum, mit dem nicht nur Gewalttaten, sondern auch das Malen von Parolen zu Verbrechen werden können. In der Praxis wird die willkürliche Auslegung des § 129 a in erschreckendem Maße dazu benutzt, Personen, die sich mit gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzen, in ein terroristisches Umfeld abzudrängen und zu kriminalisieren. Widerstand und unerwünschte Diskussionen sollen damit erschwert werden.

Frauen, die sich wissenschaftlich, journalistisch und politisch mit den sogenannten anschlagsrelevanten Themen beschäftigen, werden zunehmend unter Druck gesetzt, ihre Wohnungen durchsucht und bei Aussageverweigerung mit Beugehaft bedroht. Beispielhaft ist die Verfolgung von Ingrid Strobl, die seit 14 Monaten ohne zwingende Verdachtsmomente in Untersuchungshaft sitzt und gegen die kürzlich der Prozeß eröffnet wurde. Ebenso wurde Ursula Penselin zur gleichen Zeit wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ verhaftet und nach acht Monaten Untersuchungshaft ohne Entschädigung entlassen.

Wir fordern daher

-die sofortige Freilassung von Ingrid Strobl,

-die Abschaffung des § 129 a,

-die Abschaffung der Isolationshaft,

-die Haftentschädigung von Ulla Penselin.

Christa Stolle, Vorstand, Terre des Femmes

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen