Infrastruktur der Castorgegner: Anwalts-Notdienst und heißer Tee
Küchen, Zeltlager, "Castor-TV" und eine eigene Zeitung. Die Aktivisten haben sich im Wendland bestens auf die Proteste gegen die Castortransporte vorbereitet.
GÖTTINGEN taz | "Ganz toll läuft das mit der Verpflegung", begeisterte sich dieser Tage in Göttingen eine Frau an ihren Erfahrungen beim Castorprotest 2010. "Immer wenn irgendwo mehr als drei Leute auf der Straße sitzen und blockieren, ist innerhalb kurzer Zeit auch Tee und heiße Suppe da."
Adressat für das Lob ist die "Volxküche". Bei den vergangenen Atommülltransporten ins Wendland hat das aus acht bis zehn Frauen bestehende Kernteam sich um die Verpflegung tausender Demonstranten gekümmert. Auch jetzt sind die Helferinnen wieder aktiv. "Wir besorgen Gemüse bei den Bauern, bestellen Brot bei den Bäckern und bitten bei Supermärkten um Lebensmittelspenden", sagt Manuela Brownlee, eine der Organisatorinnen.
Ihre Zentrale hat die "Volxküche" wie immer auf der "Esso-Wiese" in Dannenberg - der Platz am östlichen Ortsausgang ist eine Art Hauptquartier der Castorgegner. Gekocht werden die ausschließlich vegetarischen Gerichte auf einer alten Treckerfelge und einem durchgesägten Fass mit nachträglich anmontiertem Ofenrohr über Holzkohle. Von hier aus koordinieren Brownlee und ihre Kolleginnen auch den Einsatz der weiteren, teils mobilen Küchen an den voraussichtlichen Brennpunkten des Protestes und in den Camps.
Rund ein Dutzend solcher Camps entlang der Castorstrecke wollen die Atomkraftgegner bis Mitte nächster Woche beziehen. Außer Verpflegung und Schlafplätzen in Zelten gibt es in den Lagern auch Aktionstrainings. Die SPD will ein eigenes Camp in Langendorf organisieren.
Informationen, Wärme und Verpflegung
"Die Protestaktionen gehen rund um die Uhr und über mehrere Tage", erklärt der SPD-Unterbezirk Lüneburg/Lüchow-Dannenberg. "Deshalb braucht es zentrale Anlaufpunkte, an denen man Informationen, Wärme und Verpflegung erhält." Die SPD stehe "klar an der Seite vieler Initiativen, die sich gegen ein Endlager in Gorleben aussprechen".
Wie in den vergangenen Jahren hat sich das Dorf Metzingen zum "Widerstandsnest" erklärt. "In- und auswendischen Widerstand" wollen die Organisatoren um Martin Nesemann zusammenbringen. "Immer zur Castorzeit öffnen wir unsere Scheunen und Häuser und machen unser Dorf zum Camp", sagt er. So entstehe ein Ort, "an dem Menschen aus unterschiedlichen Zusammenhängen aufeinandertreffen, Ideen austauschen und dann gemeinsam losziehen, um den Castor zu stoppen".
Auch evangelische Kirchengemeinden bieten Übernachtungsmöglichkeiten für auswärtige Demonstranten an. Schlafplätze und Verpflegung gibt es in den Gemeindehäusern von Dannenberg, Hitzacker und Quickborn. In der Kirche in Langendorf läuft ab dem 26. November das Non-stop-Musikprogramm "Kultur contra Castor".
Sämtliche Camps und Infopunkte werden mit Monitoren ausgestattet, an denen die Atomkraftgegner den "Castorticker" verfolgen können. Er geht spätestens bei der Abfahrt des Atommüllzuges in Frankreich auf Sendung und informiert auch die daheim Gebliebenen rund um die Uhr über die laufenden Proteste.
Rechtsanwalts-Notdienst
"Castor-TV" will mit mehreren Teams unterwegs sein, um die Proteste zu dokumentieren. Täglich sollen mehrere Videoclips für das Internet produziert werden. "2010 gelang es uns, während der Tage des Transports 16 Clips online zu veröffentlichen", berichten die Macher.
Die Verdi/dju-Hochschulgruppe Hannover und die Junge Presse Niedersachsen organisieren ab dem 23. November ein "Nachwuchs-Presse-Camp". Ziel ist neben der Vernetzung von jungen und erfahrenen Journalisten eine aktuelle Castorberichterstattung, die als Blog und in einer täglichen Printausgabe über das Geschehen informiert.
Auch für Fälle von gesundheitlichen oder juristischen Problemen ist vorgesorgt. Im Wendland stehen eine Sanitätsgruppe mit Ärzten und Rettungssanitätern, ein Notdienst von Rechtsanwälten sowie der Ermittlungsausschuss in Bereitschaft.
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