: In weiter Ferne so nah
ZDF-KRISE In den Streit um zu viel staatlichen Einfluss beim Zweiten ist – etwas – Bewegung gekommen
Ob die SPD die Verfassungsklage von Grünen und Linkspartei wegen fehlender Staatsferne beim ZDF mit unterstützt, bleibt auch nach der jüngsten Sitzung der Rundfunkkommission der Bundesländer weiter in der Schwebe. Offiziell schweigt sich die auf der Ebene der Staatskanzleichefs tagende Runde aus. Allerdings ist zu hören, bei der abendlichen Sitzung am Mittwoch in Berlin sei „mehr als erwartet“ in Bewegung gekommen.
Es geht um den ZDF-Staatsvertrag und den starken Einfluss der Ministerpräsidenten auf den ZDF-Fernsehrat, der unter anderem den Intendanten wählt. Das höchste Gremium des Senders, so wird in der Normenkontrollklage von Grünen und Linken argumentiert, sei wegen mangelnder Staatsferne nicht verfassungsgemäß.
Denn die Ministerpräsidenten haben hier – anders als bei den ARD-Anstalten – auch Einfluss auf die Auswahl der VertreterInnen der sogenannten gesellschaftlichen Gruppen, die im 77-köpfigen Fernsehrat die Mehrheit stellen.
Der Verfassungsrechtler Dieter Dörr, der die Antragsschrift für das Verfahren in Karlsruhe formuliert hat, geht davon aus, dass von den FernsehrätInnen sogar nur ganze 5 – die VertreterInnen der Kirchen und der jüdischen Kultusgemeinde – als wirklich völlig staatsfern zu bewerten sind.
Geregelt ist all das im Paragrafen 21 des ZDF-Staatsvertrags, und hier zeichnet sich offenbar Bewegung ab: Schon bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz Ende März soll nun nach taz-Informationen ein Reformvorschlag vorliegen. Außerdem scheint es eine Bereitschaft zu geben, die Zahl der bislang 12 offiziellen Vertreter der Bundestags-Parteien im Fernsehrat abzusenken.
Bleibt es allein bei diesem Schritt, wird die Debatte in der SPD darüber, ob man die Verfassungsklage unterstützt, aber nicht beendet sein. Eine solche kleine Lösung bleibt zu weit hinter den Vorschlägen des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD), der auch Chef des ZDF-Verwaltungsrats ist, zurück.
Beck hatte angeregt, neben dem Paragrafen 21 auch die Vorschriften zum Verwaltungsrat der Anstalt zu ändern. Die Union hatte hier im November die Verlängerung des Vertrags von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender verhindert, was die aktuelle ZDF-Krise auslöste. Derzeit müssen Personalvorschläge des Intendanten im 14-köpfigen Verwaltungsrat mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit gebilligt werden.
Beck fordert hier, das Verfahren umzukehren: Statt einer Zustimmungspflicht soll dem Gremium künftig nur noch ein Vetorecht – ebenfalls mit drei Fünfteln der Stimmen – zustehen. Hätte dieses Verfahren bei Brender gegolten, wäre sein Vertrag verlängert worden.
Intern heißt es bei unions- wie SPD-regierten Ländern, man wolle sich zunächst auf die wirklich „verfassungsrechtlichen Fragen konzentrieren“. Dazu werde eine Arbeitsgruppe unter Führung von Hessen und Rheinland-Pfalz eingesetzt. Becks Vorschläge in Sachen Verwaltungsrat seien dagegen „politische Fragen“. Bayern hatte bereits im Vorfeld signalisiert, hier nicht mitgehen zu wollen. Und auch aus der CDU gibt es keine Signale, dass man an diesem Punkt zu größeren Zugeständnissen bereit wäre.
Für die Grünen springt das zu kurz: „Das ist ein Ergebnis ohne Ergebnis“, sagte gestern die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Tabea Rößner, der taz. Man wolle nun noch ein Gespräch zwischen den Fraktionsvorsitzenden aller Parteien (gestern nach Redaktionsschluss dieser Seite) abwarten, um das „weitere Vorgehen zu beraten“.
Den Gang nach Karlsruhe um drei Monate zu verschieben, wie dies mehrere SPD-Medienpolitiker gefordert hatten, lehnt Rößner aktuell aber ab: „Ich sehe im Moment nicht den Sinn, dass wir das auf die lange Bank schieben.“ STEFFEN GRIMBERG