■ In letzter Minute - ein Buch: Lustgärten am Besenbinderhof und Hakenkreuz-Fahnen über St. Georg
Rund um das „Gestiffte St. Jürgens bey Hamburg“führt das Stadtteil-Lese-Bilderbuch, das Michael Joho in dieser Woche im VSA-Verlag herausgebracht hat. Auf 125 Seiten und mit ebensovielen Fotografien und Drucken porträtiert der Historiker und Mitarbeiter der Geschichtswerkstatt seinen Stadtteil. „Aus Ehrbietung gegen den heiligen Märtyrer St. Georg und zur Bequemlichkeit des Priesters“schenkte Graf Albrecht von Orlamünde dem Pfarrherrn der Dreieinigkeitskapelle 1220 „drey Stück Ackers“. 777 Jahre später sind für das gleiche Areal die Stichworte „Glanz und Elend der Urbanität“kennzeichnend. „Schöne Gärten und Höfe“sah der Magister Johan Balthasar Hempel 1772 in St. Georg und hielt sie mit der Zeichenfeder fest. Von spätbarocken Lustgärten am Besenbinderhof zeugt noch eine Fotografie aus dem Jahr 1890.
Daß in St. Georg – damals noch vor den „Thoren“Hamburgs – nicht alles zum besten stand, illustriert das Erinnerungsblatt an den 9. Juni 1848, als „bei schelmischer Mondbeleuchtung“ein „tobender Volkshaufe“am Lämmermarkt gegen den Ausschluß von Hamburgs Groß- und Freizügigkeit anstürmte. Mit AutorInnen von Arie Goral, Peggy Parnass bis Henning Voscherau („Warnung eines Bürgermeisters“) gelingt Joho mühelos ein ebenso historischer wie aktueller Bogen: von der mit Nazi-Flaggen geschmückten Rostocker Straße zu Christof Schlingensiefs „Passion Impossible“vor dem Hauptbahnhof. Mit dem knapp Din A 4-großen Band in der Hand die Standorte der Fotografen und Zeichner aus drei Jahrhunderten aufzusuchen, ist aufschlußreiche stadtgeschichtliche Lehrstunde und nostalgischer Bummel in einem. Heinz-Günter Hollein
Ausführliche Nachrichten von dem Heiligen Ritter Georgio, Hrsg. Michael Joho, VSA-Verlag, 39,80 Mark
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