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■ In der Kölner Postzentrale ist etwas faul:Ein großer Selbstbedienungsladen

Köln (taz) – Schon seit mittlerweile zwei Jahren werden im Großraum Köln immer mehr Postsendungen gestohlen. Das Kuriose daran: Ohne zuverlässige Insider- Informationen wären die Überfälle kaum möglich gewesen. Es sei denn, die Täter hätten ein unglaubliches Gespür für den richtigen Postboten mit den richtigen Warensendungen am entscheidenden Tag. Doch selbst bei den Ermittlungsbehörden kann niemand mehr so recht an Zufall glauben: So wollte zum Beispiel ein Postfahrer am 21. Januar '93 partout die „Tour nach Gartenstadt Nord“ fahren. Vier Tage später fand man das leere Auto im Kölner Stadtgebiet. Die Polizei wurde von einem Anwohner verständigt – die Post hatte den Transporter noch nicht einmal vermißt. Von dem Fahrer fehlt bis heute jede Spur, wie auch von den 20.000 Mark Bargeld und dem Schmuck in dem Wagen. Ähnliches geschah am 23. April desselben Jahres: Ein scheinbarer Postbote verlangte acht Wertsendungen für eine Tour zum Postamt Troisdorf bei Bonn. Der diensthabende Beamte, der später aussagte, den Täter vom „Gesicht her“ zu kennen, überreichte diesem ohne Bedenken den PKW-Schlüssel. Zehn Minuten später kam der richtige Fahrer. Bestens informiert war auch der etwa 30jährige Mann, der Mitte November eine Briefträgerin bei ihrer täglichen Tour überfallen hat. Eine fünfstellige Summe war somit verschwunden. Nur: Normalerweise hat die Zustellerin nicht soviel Geld bei sich. „Es handelte sich um eine einmalige Auszahlung“, erläuterte man bei der Post. Der Täter hatte einfach Schwein.

Vor knapp vier Wochen veranstaltete die Kölner Staatsanwaltschaft eine gigantische Hausdurchsuchungsaktion von 59 Mitarbeitern des Paketpostamtes in Köln- Deutz. Man hatte die Sortierer im Schichtdienst verdächtigt, mehrere tausend Pakete im Wert von mindestens 1,5 Millionen Mark gestohlen zu haben. Sieben Diebe hatte der interne Ermittlungsdienst der Post zwischen 1990 und 1992 selbst geschnappt; als sich dann das enorme Ausmaß der Affäre andeutete, wurde die Polizei eingeschaltet. Oberstaatsanwalt Jürgen Fröhlich spricht nun sogar von „einem organisierten Vorgehen, wie bei einer Bande“. Auch bei Überfällen auf Postsendungen in anderen Städten gibt es immer wieder Hinweise, die nach Köln führen. So wurden beispielsweise in Düsseldorf in den vergangenen zwei Jahren drei für Köln bestimmte Posttransporte ausgeraubt.

Der Schaden durch Überfälle sei jedoch, gemessen an den 13 Millionen Wertsendungen, die jährlich in Deutschland verschickt wurden, „noch nicht einmal in Promille auszudrücken“, redete sich ein Post- Insider heraus. Offiziell wollte das Unternehmen zur Diebstahlsrate jedoch keine Stellung nehmen. Ein Serientäter, so Postdienst-Sprecherin Beate Reichhold-Wollmann, sei bei den Kölner Fällen sicherlich nicht am Werk. „Die Raubüberfälle und Diebstähle ereigneten sich in verschiedenen Betriebszweigen, die keinerlei Verbindungen zueinander haben.“

Um sich teure Frachten in gepanzerten Werttransporten zu ersparen, verschicken Goldschmiede, Banker, Edelsteinhändler oder Geschäftsleute täglich Millionenwerte per Post. Allzu oft werden die Fuhren jedoch nicht ausreichend versichert. Sieben Mark würde es kosten, wenn der Inhalt eines Briefes bis zu 500 Mark wert ist; neun Mark bei Paketen bis zu 1.000 Mark. Pro weitere 500 Mark kommen jeweils 1,20 Mark an Gebühren hinzu.

Bis zu 100.000 Mark dürfen so verschickt werden; teurere Gegenstände werden nicht angenommen. „Dafür reicht unser Sicherheitsstandard nicht aus“, erläutert Reichhold-Wollmann. Detlef Schmalenberg

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