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In dänemark dürfen Flüchtlinge zwar ab dem ersten tag arbeiten – aber das gilt nur theoretischUnbezahltes Praktikum am Fließband

Foto: privat

Genauso froh wie abgeklärt war ich über die „selbstgestrickten“ Babyjäckchen und Söckchen, die unsere bosnische Putzfrau mir neulich schenkte. Wohl weil ich sie mal im Roten-Kreuz-Laden getroffen hatte, wo sie selbstgestrickte Babyjäckchen verkaufen. Fast innerlich mit ihr verbunden fühlte ich mich dann, als ich eines Tages beim Wäschesortieren das Plastiksträngchen entdeckte, das die zwei Babysöckchen zusammenhielt.

So eine Plastiksträngchenpistole hat nicht einmal meine patente bosnische Putzfrau. Ich hätte Detektiv werden sollen. Und werde mir die Idee merken, für dann, wenn ich das Alter erreicht habe, wo man mir die Nummer mit der Selberstrickerei abkaufen könnte.

Heute, wo ich sie beim Trampen erwische, mitten im Nirgendwo, an einer Busstation, wo sie die Fahrplanänderungen offensichtlich nicht mitgeschnitten hat, springt mir das Herz. Leider fahre ich in die entgegengesetzte Richtung und bin eh schon zu spät dran. Heute treffen die Ehrenamtlichen von Dansk Flygtningshjælp die Sachbearbeiter der Kommune, mit denen sie seit Neuestem zusammenarbeiten. Und denen will ich eine Frage stellen:

„Wie oft darf man einen Praktikumsplatz verlängern? Welches Sprachniveau muss man erreicht haben, bevor man angestellt werden kann?“ – „Theoretisch gar keins. Die dürfen hier arbeiten, ab dem ersten Tag. Aber ein bisschen Sprache braucht man natürlich“, antwortet mir die im Minirock. – „Natürlich nicht zum Pizzabacken. Dass man da nach einem halben Jahr noch nicht so weit sein soll, kannste mir nicht erzählen“, murmelt es irgendwo.

„Was ist mit Kekse packen, wie lang braucht man da?“, frage ich. – „Ja Kekse packen, das ist eine sehr komplizierte Arbeit.“ Die mit dem Pagenschnitt. „Ich hab da selbst mal gearbeitet, als Studentin. Die haben da ein Tempo drauf ...“ – „Aber in der Pizzeria ... Vor allem, wenn der Chef selber Araber ist“, murmelt es wieder.

Fatma arbeitet seit vier Monaten unbezahlt in der großen Keksfabrik, ihr Mann seit fast einem Jahr schwarz in der Pizzeria. Und der Chef ist nicht Araber, sondern Kurde. So wie er. So arbeitet Fatma also wütend weiter am Band, während ihr Mann, unerlaubterweise, Tag für Tag ein bisschen Geld einfährt.

Die Sachbearbeiterinnen freuen sich beim Anblick von Chuzpe nicht so wie ich, stelle ich fest. Irdischer Überlebenswille? Ihn gut zu finden, können sie sich nicht leisten. Ihr Beruf erfordert eine starke, ausgeprägte Glaubenswelt:

„Und den Frauen müssen wir erst mal klarmachen, dass ihre Kinder in unseren dänischen Kindergärten genauso gut aufgehoben sind, wie zu Hause!“, sagt die mit dem Pagenschnitt, selbst zweifache Mutter.

„Noch mal zur Keksfabrik: Es geht da vor allem um die Sicherheitsbestimmungen. Da muss jeder im Falle eines Notfalls seinen Mitarbeitern auf Dänisch erklären können, was zu tun ist. Das können unsere Praktikanten nicht. Die Keksfabrik hat deswegen noch keinen anstellen können.“

Wie Grundschullehrerinnen vereinfachen sie die Welt. Bloß weniger pädagogisch. Oder bin ich diejenige, die es sich zu einfach macht? Zu Hause versuche ich, die Sicherheitsbestimmungen für die Keksfabrik zu ermitteln, damit ich sie Fatma erklären kann. Selbst erfragen soll sie sie, besser nicht. Wer weiß, ob das nicht am Ende den Praktikumsplatz gefährden könnte.

Rebecca Clare Sanger pendelt mit Mann und Kindern zwischen Hamburg und der dänischen Insel Møn; was sie dabei erlebt, steht alle zwei Wochen an dieser Stelle.

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