■ In Nordrhein-Westfalen steht die Koalition auf dem Spiel: Grüne Endzeitstrategen
Jetzt geht es der SPD an den Kragen. Im grünen Dauerclinch mit den Roten soll es nun die Blockade richten, allerdings in der verparlamentarisierten Form. Das jedenfalls sieht ein Antrag vor, der morgen beim grünen Landesparteirat auf der Tagesordnung steht. Dort wird im Detail die Bringschuld der rot-grünen Landesregierung und insbesondere ihres SPD- Wirtschafts- und Verkehrsministers Wolfgang Clement in Sachen Verkehr festgelegt. Bis zum Vollzug soll die grüne Landtagsfraktion dessen Haushaltstresor blockieren.
Das ist eine wirkliche Innovation im deutschen Parlamentarismus: Der Haushalt als Hebel, um zum Beispiel Erklärungen „in verbindlicher Form“ über die „Einlegung von Rechtsmitteln“ gegen mögliche Anweisungen aus Bonn zum Autobahnbau durchzusetzen. Wer so die Backen aufbläst, der legt kraftvoll Zeugnis dafür ab, daß es ihm beim Fordern an Selbstbewußtsein nicht gebricht.
Nur über die Folgen schweigen sich die Backenbläser beredt aus. Doch wir wüßten gern, was die genialen Strategen für den Fall vorschlagen, daß Clement und die SPD nicht kuschen. Soll die grüne Fraktion dann den Haushalt endgültig sterben lassen und damit Schluß machen mit der Koalition? Es gibt manche, die genau das wünschen. Endlich wieder pure Opposition! Eins sein mit sich und den vor Ort Betroffenen. So lassen sich Identitätsprobleme lösen, aber die umstrittenen Projekte kommen auf diese Weise ganz gewiß nicht vom Tisch. Wer diesen Weg nicht will, muß vom Junktim lassen, weil er ohne Not die Gefahr heraufbeschwört, daß die eigene Fraktion wieder einmal in der Sackgasse landet. Am Ende steht dann erneut der kleinlaute Rückzug. So produziert man seine Niederlagen selbst.
Nichts zwingt die Grünen zur Eile. Beim Bochumer Autobahnteilstück stehen Entscheidungen zur Zeit gar nicht an, haushaltswirksame ohnehin nicht. Im Fall des Flughafens Dortmund zeichnet sich eine Rückkehr der SPD zum Wortlaut des Koalitionsvertrages ab. Bleibt der Flughafen in Köln-Bonn, dessen Nachtfluglärm sich kurzfristig aufgrund gültiger Verträge von Staats wegen gar nicht reduzieren läßt.
Wer angesichts dieser Lage glaubt, jetzt mit dem Koalitionsende drohen zu müssen, der zeigt nur, daß er noch gar nicht auf der Regierungsbank angekommen ist. Ganz gewiß läßt sich aber mit solcher Torschlußpanik im Kopf eine neue Weichenstellung in der deutschen Politik nicht bewerkstelligen. Das sind ja tolle Aussichten für Bonn. Walter Jakobs
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