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■ In Italien ist der Chef der Linksdemokraten zurückgetretenMut, Genossen!

Daß Achille Occhettos Rücktritt vom Amt des Parteisekretärs der Demokratischen Partei der Linken fällig war, pfiffen die Spatzen nicht erst seit der Wahlniederlage vom Sonntag vom Dach. So schwammig, schleimig, unentschlossen und fixiert auf die Hoffnung, wenigstens in der Besenkammer der Macht ein Stückchen derselben schnuppern zu dürfen, war keiner seiner Vorgänger und auch kein anderer Oppositionspolitiker Italiens.

Nicht einmal aus dem Neuanfang nach der Auflösung der alten KP vermochte er einen Vorteil zu ziehen. Mit Blick auf die Macht hat er zuerst den nostalgischen Flügel der Altstalinisten, dann den der unorthodoxen Marxisten um Pietro Ingrao ziehen lassen und sich Allianzen mit den Grünen und den Antimafiakämpfern zuerst einmal verweigert – um dann plötzlich bei den Wahlen im März ein Bündnis zu schließen, dessen Programm sein Geheimnis blieb.

Insofern möchte man annehmen, schlimmer könne es für Italiens Linke gar nicht kommen. Dem ist aber nicht unbedingt so. Sollten sich die Diadochen nicht nur zerstreiten, sondern ihre Führungsansprüche auch noch programm- und konzeptionslos als reines Schaukloppen durchsetzen, wonach es derzeit aussieht, wird es wohl die letzte Wahl eines Sekretärs gewesen sein, die die Partei noch durchführen konnte.

Nun täte die Partei gut daran, sich zunächst einmal ausschließlich und ohne Wenn und Aber auf fünf Jahre Opposition einzustellen. Genau diese Entscheidung aber dürfte das Schwierigste sein. Zu verlockend scheint die Aussicht, die aktuelle Regierung durch gezielte Angebote zu spalten – ein akzentuierter Regionalismus zum Beispiel könnte die norditalienischen Ligen, die innerhalb der Allianz Berlusconis ins Hintertreffen geraten sind, durchaus in Verlegenheit bringen.

Doch die Erfahrung lehrt, daß derlei in Italien – im Gegensatz zu anderen Ländern – noch nie geklappt hat: Togliatti wurde von De Gasperi 1947 in eine Koalition gelockt, die der Verabschiedung der kapitalistisch orientierten Verfassung diente, und danach gleich wieder hinausgeworfen; Berlinguer wurde durch Moros halbe Koalitionsangebote zum Verzicht auf Grundprinzipien seiner KP veranlaßt – um dann, nach dem ersten Anzeichen einer Erholung der krisengeschüttelten Mitte-Parteien, wieder aus der Regierungsnähe fortgescheucht zu werden.

Wenn die Opposition dereinst in die Regierung will, muß sie zuallererst wieder lernen, Opposition zu sein, also echte Alternative – und nicht nach dem Hintertürchen suchen, durch das sie sich in den „Palazzo“ schleichen kann. Und so schwer kann Opposition bei dieser Regierung doch wirklich nicht sein. Also Mut, Genossen! Werner Raith

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