: In Freude ertrunken
Selten hat der FC Bayern seine Schwimmringe besser in Szene gesetzt, als mit Uli Hoeneß im hautengen Retter-Shirt. St. Pauli sagt artig danke
aus Hamburg OKE GÖTTLICH
So schön kann Liebe auf den zweiten Blick sein. Gleich ein ganzer Stadtteil ist gleichzeitig auf einen Mann scharf. St. Pauli hat Uli Hoeneß sein Herz geschenkt. Liebe allerorten, was ein schönes Gefühl inmitten eines Stadions, das kürzlich die Bühne für grausame Stunden in Zeiten des Abstiegs aus dem bezahlten Fußball bot.
Es musste erst wieder gegen den amtierenden Deutschen Meister (0:1, 64. Guerro) verloren werden, um die Verzückung auf den Rängen greifen zu können. Danke, Uli Hoeneß. Für die eilige Entscheidung mit deinem Verein dem in finanzielle Schieflage geratenen FC St. Pauli mit diesem Benefizkick zu helfen. Der taz kommen die Tränen. Wir geraten ebenso ins Schwärmen wie St. Pauli-Präsident Corny Littmann, der, wie dpa wissen will, beinahe mit Tränen in den Augen verkündete: „Das ist der Beginn einer großen Freundschaft.“
An die „Uli, Uli“-Rufe musste man sich erst mal gewöhnen. Doch das Eis war gebrochen, als du, liebster Uli, ein sanftes „Ein Verein wie Bayern München ist da, wenn andere Traditionsvereine in Schwierigkeiten geraten“ hauchtest. Fortan war den metaphorischen Herzen in der Luft nicht mehr auszuweichen.
Aber du hättest dich doch nicht plötzlich zieren müssen. „Die Atmosphäre ist jetzt schon gewöhnungsbedürftig“, formuliertest du dezentes Unwohlsein.
Lag es daran, dass es ein paar Spielverderber gab, die dich, mein Schatz, mit der tristen Realität und deinem Problem mit der daheim gelassenen Geliebten konfrontierten? Nimm dir ihr bösartiges Transparent ( „Was Ihr nicht kaufen könnt, verbietet ihr“) nicht so zu Herzen. Die Fans des FC St. Pauli sind nicht so undankbar, wie deine Lieben zuhaus, die, wie du uns sinngemäß in den vergangenen Tagen vermitteln wolltest, den Hals nicht voll genug bekamen. Jetzt hast du sie aus deinem Haus geschmissen (die taz berichtete mehrfach über den Rauswurf dreier Münchner Fanclubs aus dem Olympiastadion).
Nimm‘ St. Paulis Anhänger mit nach München. Das war zwar nirgends zu lesen, aber willig genug wären sie allemal.
Vor allem nachdem du dich, Liebster, schlampig in das enge Retter-Shirt zwängtest, um mit deinen Schwimmringen eine Massenekstase auszulösen.
Doch richtig geheuer war es dir mit den Fans dann wohl doch nicht. Am Ende der Glückseligkeit, kurz bevor alle St. Pauli-Fans zu dir in den Bus steigen wollten, schlugst du ihnen durch eine zwischen die Herzen gestellte Versöhnung mit deinen Liebsten in München vor den Kopf. „Wir werden uns mit den kritischen Stimmen auseinandersetzen und genau analysieren, welche Einzelpersonen bestraft werden können und wer wieder Karten für das Stadion bekommt.“ Und die St. Pauli-Fans hatten wirklich gedacht du wärst was Besseres und anders als alle anderen Manager. Stattdessen müssen sie wieder wirklich böse Transparente schreiben und sich mit sich selbst beschäftigen.