: Image einer Besatzungsmacht
BEIRUT taz ■ Der Vorsitzende der libanesischen Sozialistischen Fortschrittspartei (PSP) ist skeptisch. Walid Dschumblatt glaubt nicht, dass die geplante Stationierung von bis zu 15.000 ausländischen Soldaten den Konflikt zwischen Einheiten der Hisbollah (Partei Gottes) und israelischen Militärs auf Dauer befrieden kann. „Wir haben sehr schlechte Erfahrungen mit der Resolution 425 aus dem Jahr 1978 gemacht“, sagte der politische Führer der Mehrheit der libanesischen Drusen der taz. „Wir haben 22 Jahre gebraucht, diese Resolution zu implementieren.“
Zwei Wochen, nachdem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution 1701 die Entwaffnung der schiitischen Hisbollah-Milizen von Generalsekretär Hassan Nasrallah forderte, wachsen die Zweifel, dass das Mandat der Truppe ausreicht, die Macht der Organisation in den Gebieten südlich des Flusses Litani zu brechen.
Der französische Oberkommandierende der seit 1978 im Libanon stationierten Unifil-Einheiten, Generalmajor Alain Pellegrini, erklärte gegenüber der taz, seine Truppe brauche „mehr Muskeln“: „Man muss mehr Mittel haben als ich momentan.“
Obwohl die Vereinigten Staaten keine eigenen Soldaten in der Unifil stellen, wird die Truppe schon vor ihrer nachhaltigen Verstärkung als Stellvertreterarmee der USA gebrandmarkt. Bei der Beerdigung von 26 am Sonntag vor drei Wochen umgekommenen Bewohnern in Kana erklärte der höchste Hisbollah-Repräsentant im Südlibanon, Nabil Kaouk: „Amerikanisches Volk, ihr seid Partner in diesen Massakern, ihr seid Partner im Krieg.“ Nach allem, was passiert sei, könne „kein Libanese mehr einem Amerikaner vertrauen“, sagte Kaouk. „Ihr seid alle Mörder und Kriminelle.“
Angesichts der wachsenden antiwestlichen Töne hält es Ex-Unifil-Sprecher Timur Goksel für möglich, dass die geplante Stationierung von bis zu 15.000 ausländischen Soldaten das Image der Truppe als „Besatzungsarmee“ verstärken könnte. Die multinationalen Einheiten dürften „von beiden Seiten unter Beschuss kommen, von der Hisbollah ebenso wie von den Israelis“, sagte Goksel, der heute als Dozent an der American University Beirut arbeitet. Der Politikwissenschaftler von der American University in Kuwait, Nisar Hamseh, bezeichnete eine Ablösung der Hisbollah ebenfalls als unrealistisch. Die Hisbollah sei keine konventionelle Armee, „ihre Mitglieder sind am Tag Zivilisten und in der Nacht Militärs, die ihr Zuhause nicht einfach aufgeben werden“.
Mit der Hisbollah und Syriens Präsident Baschar al-Assad verbündete christliche Politiker machen bereits seit zwei Wochen Stimmung gegen die Aufstockung der Unifil. „Das wird eine Okkupationstruppe sein mit dem Auftrag, Krieg gegen die Hisbollah zu führen und die Sicherheit Israels zu gewährleisten“, sagte der 71-jährige frühere Armee- und Regierungschef Michel Aoun. Voriges Wochenende bezeichnete Libanons prosyrischer Präsident Émile Lahoud die Forderung nach Entwaffnung „der einzigen Kraft in der arabischen Welt, die gegen Israel aufgestanden ist“ als „Schande“. MARKUS BICKEL