■ Experten und die Dritte Welt: Im Süden nur Exoten
In der letzten Woche waren die Philippinen mal wieder Thema in den deutschen Medien. Was war passiert? Die mumifizierte Leiche des ehemaligen Präsidenten Ferdinand Marcos kehrte zurück, Pomp und Imelda inklusive. Gibt es wirklich keine wichtigeren Ereignisse in diesem Land? Sicherlich, aber was in den meisten deutschen Medien über den Süden berichtet wird, wird nicht durch die politische Bedeutung bestimmt. Im Vordergrund stehen gewöhnlich voyeuristische Interessen und eine sensationelle Berichterstattung für die deutsche Öffentlichkeit. Je absurder ein philippinisches Ereignis, desto mehr Chancen hat es, in deutschen Zeitungen Schlagzeilen zu machen. Ich möchte behaupten, daß deutsche JournalistInnen sich kaum bemühen, sozial und politisch wichtige Themen der Philippinen in den Medien zu bringen. Eine Ausnahme sind Frauenhandel oder Prostitution.
Ich habe mich seit langer Zeit damit beschäftigt und darüber geschrieben. Dabei mußte ich feststellen, daß diese Themen für die meisten deutschen Medien aus ganz anderen Gründen attraktiv sind – nicht wegen ihrer sozialen Bedeutung, sondern wegen des voyeuristischen Interesses.
Als philippinische Journalistin hätte ich Zugang zu ganz sensiblen Details, die noch mehr Sensation in diese Themen bringen könnten. Möchte ich meine Berichte über diese Themen an die Medien verkaufen, müßte ich diesen Vorteil ausbeuten. Ihr Sensationshunger zählt, nicht mein Interesse, die Ursachen von Frauenhandel und Prostitution zu erklären, die ja wesentlich in dieser Gesellschaft liegen.
Nach Auffassung einer Kollegin haben wir ausländischen JournalistInnen keine Chance, hier in Deutschland ernst genommen zu werden. Wir werden immer nur benutzt und ausgebeutet, sagte sie. Ich habe aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben, die Berichterstattung über mein Land hier zu verbessern. Diese Hoffnung setze ich vor allem auf Initiativen von kritischen deutschen JournalistInnen, die sich dafür einsetzen, daß auch JournalistInnen aus dem Süden selbst über ihre Länder berichten. Emmalyn Liwag
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