: Im Schweigen gefangen
betr.: „Verstrickt in die Opferrolle“ von Yitzhak Laor, taz vom 23. 10. 04
Yitzak Laors vereinfachte Erklärung des Schweigens der Juden in Europa zum verdeckten Antisemitismus des Kopfbedeckungsstreits verfehlt die tatsächliche Situation. Juden, die sich kritisch zur Kopftuchdebatte äußern wollen, sind in einem Dreieck der Halbwahrheiten gefangen. Falls sie die so genannten judeo-christlichen Grundlagen nicht anerkennen und sich stattdessen mit den Muslimen solidarisieren, stehen sie einer unausgesprochenen Bedrohung gegenüber: Sie können wieder ausgeschlossen und wie die Muslime unterdrückt werden. Von den Muslimen wiederum hören sie: „Wegen Palästina sind die Juden unsere Katastrophe“, und dass man mit Juden (mit Israelis verwechselt) nichts zu tun haben wolle, angebotene Solidarität inklusive.
Von Israel wird Juden in Europa nahe gelegt: „Unsere Feinde sind Muslime; keine Fraternisierung mit dem Feind.“ Dies macht Dialog, geschweige denn von politischen Initiativen der befangenen jüdischen Institutionen zu sprechen, beinah unmöglich, außer durch direkten „Grassroots“-Kontakt. Auch der droht Juden zwecks Vorzeigefunktionen auszubeuten oder Konflikte zu entfachen, da die gefestigten Positionen der Parteien gefährdet wären. Interessant ist, dass selbst die taz meint, diese jüdische Sichtweise erst jetzt und dann nur unter der Rubrik des israelisch-deutschen Verhältnisses drucken zu können. IAN LEVESON, Berlin