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Archiv-Artikel

Im MachMit!-Museum Alles Handarbeit

Schon wieder Wochenende. Die Kinder müssen raus. Bloß: wohin? Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bietet der Spielplatz die Wahl zwischen Matsch und scharfen Eiskrusten, die bei Stürzen böse Schürfwunden verursachen. Besser rein ins Warme.

Beheizte Spielflächen für die Wintermonate gibt es in Berlin gar nicht mal wenige, allein: Sie geizen mit Charme. Die „Indoor-Spielplätze“ zwischen Tempelhof und Tegel heißen „Jacks Fun World“ oder „Jolos Kinderwelt“, es sind abwaschbare Welten aus knallbuntem Kunststoff, voller Hüpfburgen und Bällchenbäder. Unweit der taz-Redaktion gibt es gar ein Etablissement namens Pups. Dort wurschteln sich die Kinder durch einen Spielkäfig, derweil die Erzeuger ihre Kippenschachteln abarbeiten, bis die Luft steht. Man muss nicht Waldorfschüler gewesen sein, um so etwas abzulehnen.

Zum Glück war das noch nicht alles. Wir gehen ins „MachMit! Museum“. Das MachMit! Museum befindet sich in einer aufgegebenen Kirche am Helmholtzplatz und bildet den Geschmack bildungsbürgerlicher Eltern exakt ab. Mitten in den hohen Raum hinein haben ehrgeizige Innenarchitekten ein vertikales Kletterlabyrinth gebaut, durch das die Brut tobt, während sich die Alten einen Latte aufschäumen lassen. Alles Holz hier, alles Handarbeit, alles gediegen. Warme Farben dominieren. Geraucht wird nicht.

Im MachMit! Museum gibt es eine Druckwerkstatt, einen alten Prenzelberger Seifenladen mit Registrierkasse und zurzeit eine kleine Ausstellung über Leonardo da Vinci. Aber das sollen sich mal die Kitagruppen unter der Woche ansehen. Wir basteln.

Mehrere Nischen am Fuße des Kletterregals beherbergen das pädagogisch wertvollste Angebot: Hier wird an langen Bänken gesägt und gehämmert, ausgeschnitten, geklebt und gemalt, was die Fantasie so hergibt. Die kindliche Phantasie? Ach was: die der Eltern. Wer genau hinsieht, bemerkt schnell, dass es Väter und Mütter sind, die von den Werkecken magisch angezogen werden. Da sitzen sie, die ganzen jung gebliebenen Mitt- und Enddreißiger mit ihren Hornbrillen und ihren ersten grauen Haaren, sie bohren Löcher in Brettchen, streichen Leim auf Kanten und schneiden Stofffetzen in Form. Sie tun es offensichtlich gern.

Sicher, es gibt auch Konflikte. Schließlich wird hier unter dem Vorwand gearbeitet, man gehe den Kindern zur Hand. Dabei sind gerade die am wenigsten bei der Sache. Streit entzündet sich deshalb entweder daran, dass der Kurze unsachgemäß mit Werkzeug hantiert, oder aus einem Desinteresse, das Eltern schier verzweifeln lässt: „Helge-Ferdinand, nun mach doch bitte auch mal mit!“ (Deshalb auch „MachMit! Museum“.)

Nach getaner Arbeit begibt sich die Familie auf den Heimweg, im Gepäck ein Sperrholzgefährt mit Rädern aus Kronkorken. Geschätzter elterlicher Anteil an Planung und Durchführung: 96 Prozent. Egal. Alles Holz, alles Handarbeit. Wir kommen wieder. CLAUDIUS PRÖSSER