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Archiv-Artikel

Im Kloster

Francis Poulencs „Dialogues des Carmélites“ werden unter Ingo Metzmacher an der Staatsoper aufgeführt

Das gab es in der Geschichte der Oper des vergangenen Jahrhunderts ganz selten: Da wurde das Stück eines lebenden Komponisten uraufgeführt, und es wurde sofort zu einem Riesenerfolg. Kaum war die Uraufführung des Jahres 1957 an der Mailänder Scala vorbei, schon kündigten andere große Häuser an, Poulencs Oper Dialogues des Carmélites ebenfalls aufführen zu wollen. Nach der berühmten Leyla Gencer sollten auch Regine Crespin, Leontyne Price und Joan Sutherland in Paris und London in diesem Stück brillieren.

Der in avantgardistischen Kreisen ob seiner eher wohlklingenden Musik meist mitleidig belächelte Komponist Francis Poulenc, dessen Dialogues des Carmélites jetzt an der Staatsoper aufgeführt werden, geriet mit diesem Musiktheaterstück fast über Nacht in die Schlagzeilen der europäischen Kulturgazetten. Da schrieb doch tatsächlich jemand eine Musik, die in ihrer Harmonik ebenso wie in ihrer Formgebung dem Publikum so vertraut schien, als ob sie Jahrzehnte früher entstanden wäre.

Ingo Metzmacher, Dirigent der Hamburger Erstaufführung, charakterisiert die Musik Poulencs mit Bewunderung: „Poulenc konnte alles. Doch er hat an der Tonalität festgehalten, weil er in ihr etwas Neues zu sagen wusste. Deshalb wirkt sie nie rückwärts gewandt.“ Trotzdem wurde sie in den letzten 20 Jahren kaum mehr gespielt.

Poulencs Oper ist den Musiktheaterkomponisten Claudio Monteverdi, Giuseppe Verdi, Modest Mussorgsky und Claude Debussy gewidmet. In der Konzentriertheit der Tonsprache jedoch ist Poulenc Mozart am nächsten. In Poulencs Stück geht es einerseits um Blanche, die bei ihrer Geburt die Mutter verlor, seitdem an Angstzuständen leidet und deshalb ins Kloster ging. Andererseits geht es um die Nonnen dieses Klosters. Poulenc, gläubiger Katholik, beschäftigte sich über Jahre mit dem Karmeliter-Orden und identifizierte sich in höchstem Maße mit den Ängsten der Blanche. Es war ihm geradezu ein spirituelles Bedürfnis, diese Musik zu schreiben. Die Hamburger Inszenierung stammt von Nikolaus Lehnhoff. Als namhafteste Sängerin des Abends wird niemand Geringeres als Anja Silja in der Rolle der Mère Marie zu erleben sein. Reinald Hanke

Premiere: Sonntag, 26. Januar, 18 Uhr, Staatsoper