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Im Interview: Mogniss H. AbdallahKonkrete Kampagnen

■ Der Mitbegründer der alternativen Pariser Presseagentur IM'Media über Leitkultur

taz hamburg: Was berichten die französischen Zeitungen derzeit über Deutschland?

Mogniss H. Abdallah: Die Debatte über die „Leitkultur“ ist das erste Thema, klar. Ich denke, die Stoßrichtung der CDU ist klar: „Leitkultur“ definiert, dass in einer Gesellschaft eine bestimmte Art zu leben, zu denken, dominant sein soll, dass sie über den anderen steht. Diese Tendenz stellen wir in Frankreich auch fest, aber da läuft es eher über die politische Auseinandersetzung als über „Kultur“. Über antiras-sistische Projekte in Deutschland erfährt man bei uns so gut wie nichts. Deshalb ist es sehr interessant zu sehen, was es hier in Hamburg an Initiativen gibt.

Haben sie denen etwas mitgebracht?

In Deutschland hat der Kampf explizit für die Legalisierung illegalisierter Menschen noch keine Tradition wie in Frankreich, Italien, Spanien oder Griechenland. Deshalb ist es wichtig, diese Idee hier zu diskutieren. Es geht dabei letztendlich um die Einsicht, dass diese Gesellschaft eine Einwanderungsgesellschaft ist. Die Kampagne „Kein Mensch ist illegal“ argumentierte mit dem Moralischen, Grundsätzlichen. Das war auch richtig und wichtig. Ich denke aber, als zweiter Schritt muss eine Kampagne mit konkreten Forderungen dazu kommen.

Sehen Sie Unterschiede zwischen der Bewegung in Frankreich und Deutschland?

In Deutschland gibt es ein größeres Bedürfnis der einzelnen Gruppen sich abzugrenzen. Das gibt es in Frankreich zwar auch, aber es gibt dennoch persönliche Freundschaften, eine emotionale Basis, die das Ganze zusammenhält. Gerade in der Bewegung gegen rassistische Gesetze kommen viele Leute einfach aus persönlicher Empörung oder Betroffenheit, ohne irgendwo organisiert zu sein. Auf der anderen Seite gibt es in Deutschland mehr alternative professionelle Institutionen. In Frankreich bauen wir das erst auf. Viele glauben immer noch, man könne nur etwas bewirken, wenn man in den etablierten Institutionen an der entsprechenden Stelle sitzt.

Was nehmen Sie von dieser Konferenz in Hamburg mit?

Wir müssen auf jeden Fall Strategien auf europäischer Ebene entwickeln, um effektiver zu sein. 2002 zum Beispiel sind in Deutschland und in Frankreich Wahlen. Da könnte man eine gemeinsame Kampagne starten. Interview: hedi

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