Im Falle eines Falles

Heute überprüft der Bundesgerichtshof in Leipzig die Verurteilung von Robert Hoyzer und Ante Sapina

BERLIN taz ■ Lange nichts mehr von Robert Hoyzer gehört? Das dürfte sich in den kommenden Tagen ändern, denn „die Fußballwelt schaut nach Leipzig“, wie die Nachrichtenagentur AP schreibt. Heute wird im Fall des ehemaligen Schiedsrichters sowie der Brüder Sapina neu verhandelt – vor dem 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes. Die Leipziger Dependance des BGH tagt normalerweise in einer hübschen Villa, doch wegen des großen Andrangs wurde die Revisionsverhandlung (Aktenzeichen: 5 StR 181 und 182/06; „Fußballwetten“) ins Gebäude des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts verlegt, in den Großen Saal. Es geht darum, ob Hoyzer und Sapina, die vom Berliner Landgericht zu Gefängnisstrafen von jeweils über zwei Jahren verurteilt worden waren, tatsächlich hinter Gitter kommen.

„Kernfrage ist, ob das Platzieren verschiedener Wetten auf manipulierte Fußballspiele tatsächlich eine Täuschung darstellt“, sagt Bundesanwalt Hartmut Schneider. „Möglicherweise kann nach der bisherigen Gesetzeslage keine Verurteilung erfolgen und es ist ein Sonderstraftatbestand erforderlich.“

Dieser Meinung waren Ante Sapinas Verteidiger schon vor dem Berliner Landgericht, das sich der Argumentation freilich nicht anschloss und die Angeklagten wegen Betrugs verurteilte. Die Anwälte verlangten seinerzeit Freispruch für ihre Mandanten, da es nicht strafbar sei, wenn ein Wettwilliger „bestimmte Kenntnisse“ hat, diese aber beim Wettabschluss nicht offenlege; Sapina sei nach den damaligen Geschäftsbedingungen des Wettanbieters Oddset obendrein nicht dazu verpflichtet gewesen. Deswegen sei „das Ganze eine Fiktion und nicht strafbar, Ante kann ja nicht erklären, diese oder jene Wette werde ich gewinnen. Das kann er schlichtweg nicht. Es wurden ja auch nur 25 Prozent der Wetten gewonnen.“

Möglicherweise trifft das BGH seine Entscheidung bereits heute. Drei Varianten sind möglich. Erstens: Die Angeklagten werden freigesprochen, weil es sich nach Ansicht der BGH-Richter nicht um Betrug handelt. In einem Fall aus dem Jahr 1961 – damals ging es um Pferdewetten – hatte der 3. Senat des Bundesgerichtshofes bereits einmal so entschieden. Zweitens: Die Bundesrichter entdecken, wie in den Revisionen aufgeführt, Rechtsfehler, heben das Urteil auf und verweisen den Fall zurück nach Berlin. Drittens: Der Bundesgerichtshof bestätigt das Berliner Urteil, hat also keine Einwände. Dann müssten Hoyzer und Sapina sich umgehend ins Gefängnis begeben.

Hoyzer wird, so ist es verlautbart worden, nicht in Leipzig anwesend sein. Auch Ante Sapina dürfte fehlen im ehemaligen Reichsgerichtsgebäude. Sollten sie in Leipzig freigesprochen werden, droht ihnen in Berlin neues Ungemach: Die Deutsche Klassenlotterie fordert Schadenersatz für zu Unrecht ausgezahlte Wettgewinne. Nächster Termin: 12. Dezember.

MARKUS VÖLKER