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Im Erdinger Moos wird geflogen

■ Münchens umstrittener Großflughafen eröffnet/ 8,5 Milliarden DM Baukosten in 18 Jahren/ Keine Bahnanbindung und kein Lärmschutz für die Anwohner/ Kirchlicher Segen für den Flughafen

Berlin (taz) — „Franz-Josef Strauß“ war kaum in den dunklen Wolken verschwunden, da hallten die segensreichen Worte des Kirchenmann über den neuen Münchner Großflughafen im Erdinger Moos. „So sei nun dieser Flughafen mit seinem lebenserhaltenden Instrumentarium der Flugsicherung und Flugsicherheit um der Menschen Willen dem Schutze des Allmächtigen anempfohlen“, sprach der evangelische Landesbischof Johannes Hanselmann. Neben ihm nickte Friedrich Kardinal Wetter, während der Airbus „Franz-Josef Strauß“ sich auf den Radarschirmen der Flugsicherung entfernte.

Der Gottesdienst, umstritten in den umliegenden Gemeinden, war der kleinste Teil des zwei Millionen Mark teuren Spektakels zur Eröffnung des neuen Münchener Großflughafens im Erdinger Moos. 2.000 Ehrengäste hatten sich zum Festakt und überdimensioniertem Buffet in einer riesigen Flughafenhalle eingefunden, darunter die schwedische Königin Silvia und Bundesfinanzminister Theo Waigel.

Bayerns Ministerpräsident Max Streibl (CSU) war stolz, den „modernsten Flughafen Europas“ nach 18 Jahren Bauzeit und 8,5 Milliarden Mark Baukosten endlich an die Flughafen-München-Gesellschaft (FMG) übergeben zu können. Die FMG, die dem Freistaat Bayern zu 51 Prozent, dem Bund zu 26 Prozent und der Stadt München zu 23 Prozent gehört, erwartet auf dem „Franz-Josef-Strauß-Flughafen“ künftig 15 Millionen Gäste im Jahr. Das neue „Stern des Südens“ werde Bayern künftig „mit der ganzen Welt“ direkt verbinden, sagte Streibl. Dafür fehlt dem Stern des Südens aber nach fast dreißig Jahren Planung und 18 Jahren Bauzeit eine vernünftige Bahnverbindung. Mit der geplanten S- Bahn brauchen die Reisenden immerhin 38 Minuten bis ins Münchener Zentrum. Ein Fernbahnanschluß war bei den Planungen völlig vergessen worden, und kommt jetzt frühestens zur Jahrtausendwende.

Vergessen hatten die Planer des Milliardenprojekts auch Lärmschutzmaßnahmen für die der Anwohner. Das Bundesverwaltungsgericht fällte dazu gestern ein Urteil, nach dem Anwohner mit bis zu 1.000 Mark Entschädigung für jeden Monat ohne Lärmschutz rechnen können. Ein Teil von ihnen protestierte vor dem Gelände. Sie beklagen die massive Umweltzerstörung durch das Großprojekt. Der alte Flughafen in Riem wird am Sonntag endgültig geschlossen. ten

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